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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 24
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Dorner, Alexander: Erwerbungen neuerer Kunst im Museum der Provinz Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1193

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Von den zwei Landschaften ist die eine mit ihrer lockeren, breiten Mal-
weise, mit ihrem tiefen Blau im Meer, dem grünlichen Hellblau des Himmels,
dem leuchtenden Braun des Berges und dem gelbweißen Lichtfleck vorne
ein besonders typisches und schönes Exemplar der bekannten Reihe von ÖL
bildchen, die Blechen in Italien gemacht hat, die andere mit den Mönchen fällt
durch das kräftige Blau des Berges auf.
Das große Bild der „Badenden“ unterscheidet sich von dem bekannten Bilde
in der Berliner Nationalgalerie durch eine bessere Erhaltung und dadurch, daß
rechts von der Mitte die Komposition zusammengeschoben ist.
Ein Selbstbildnis von Steffeck aus dem Jahre 1846 ist durch seine feinen
Töne und die Lockerheit seiner Malweise bemerkenswert. In zartem, violett
Und weiß nüanciertem Graugelb hält sich eine Ansicht der „Brühlschen Ter-
rasse“ von dem Dresdener Gille vom Jahre 1862 (Abb.); eine Landschaft von
Scheuren (1851) ist ganz in Braun gehalten. Ferner wurden aus dieser Zeit
erworben: eine atmosphärisch sehr feine Eifellandschaft von Lessing, und
von Calame eine durchsonnte Waldlichtung, die der sonst üblichen Effekte
entbehrt. Ein „Altes Haus in Interlaken“ von Paul Meyerheim läßt in
seinen zarten Nüancen von Braun und Blau nicht ahnen, daß dieser Künstler
die malerisch oft wenig befriedigenden Tierszenen gemacht hat. In einer
„Kapelle zwischen Bäumen“ von Stäbli ist die Stimmung nach Sonnen-
untergang in rosavioletten, bräunlichgrünen Tönen und einem satten Blau mei-
sterlich festgehalten.
Eine frühe Landschaft von Böcklin, die aus dem Besitz seiner Schwester
stammt, ist dadurch interessant, daß in ihr sich Schirmersche Tradition mit
Böcklinscher Eigenart zu einem Typus von Malerei verbindet, der vielleicht
reizvoller ist, als die Kunst des späten Böcklin.
Von Adolf Menzel wurde die erste Fassung des Königsberger Krönungs--
bildes (1861) (Abb.) erworben, von Andreas Achenbach eine Maurische
Parkszene vom Jahre 1877 (Abb.), die in ihrer Breite und ausdrucksvollen
Pinselführung erstaunlich modern wirkt.
Die Reihe dieser neu erworbenen Gemälde begleitet eine wesentlich zahl-
reichere von Aquarellen und Zeichnungen. Hier fehlt kaum ein Name des
frühen ig. Jahrhunderts. Nennen möchte ich hiervon nur eine in verschiedener
Hinsicht sehr interessante Mappe mit 280 Zeichnungen und Aquarellen von
Kniep. Zu dem bereits vorhandenen Carton „Traumdeutung Josephs“ von
Cornelius wurde als Gegenstück ein Carton von Veit gekauft. Eine große
Zeichnung Rethels „Maximilian an der Martinswand“ ist eine Studie zu
seinem Bilde im Städel.
Die Neuerwerbungen von Franzosen des ig. Jahrhunderts schließen sich an
das bereits Vorhandene an: eine Landschaft von Daubigny in tiefem grün
und violettweißem Himmel, eine figürliche Szene von Diaz in leuchtenden
tiefen Tönen und ein starkfarbiger Pissaro vom Jahre 1876.
Was endlich die jüngste Kunst angeht, so wurde hier aus Stiftungsmitteln
der Grund zu einer Sammlung gelegt, die Gemälde aller bedeutenden Künstler
von der Brücke bis zum Konstruktivismus enthält. Durch Leihgaben aus
dem an modernster Kunst reichen Hannoverschen Privatbesitz wurde dieser
Bestand ergänzt, und da es in letzter Zeit gelang, die Sammlung von
Garvens, die seinerzeit mit ihrem Besitzer nach Köln übergesiedelt war, ins
Provinzial-Museum zurückzubekommen, so bietet jetzt die Sammlung mo-
dernster Kunst ein vollständiges Bild der jüngsten Entwicklung, in der kein
Name von Bedeutung fehlt. Ein besonderes Kabinett ist der abstrakten Kunst
des Kubismus und Konstruktivismus eingeräumt, — dies wohl als einzigem

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