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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 11
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0373

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RUNDSCHAU

Sammlungen
DAS MANNHEIMER SCHLOSS-
MUSEUM UND DIE SCHLOSS-
GALERIE
Am 15. Mai wurden in Anwesenheit des
badischen Staatspräsidenten und des Land-
tags das neue Museum im Mannheimer
Schloß und die umgestaltete alte Schloß-
galerie der Öffentlichkeit übergeben. Seit
der Revolution haben die prachtvollen
Räume des gewaltigen Baues, der in den
Jahren 1720 bis 1760 unter den Kurfürsten
Karl Philipp und Karl Theodor errichtet
worden ist, mancherlei Stürme und Ein-
quartierung verschiedenster Art erlebt. Erst
als vor etwa 1I/2 Jahren die französische Be-
satzung abzog, konnte man darangehen,
den schon seit langem gefaßten Beschluß
zu verwirklichen, die wichtigsten Teile des
Schlosses für museale Zwecke auszubauen.
— Der Grundriß des Hauptbaues ohne die
Stall- und Wirtschaftsgebäude ist folgen-
der: Um einen nach der Stadt zu geöffneten
Ehrenhof ziehen sich an drei Seiten die
Bauten des Mittelteils. Daran stoßen, nach
rechts und links rechtwinkelig ausbiegend,
auf der einen Seite die Schloßkirche, auf
der anderen die große Bibliothek mit ihrem
herrlichen Büchersaal. Kirchenbau wie
Bibliotheksbau finden in langen Flügeln
ihre Fortsetzung. Während nun der Flügel
hinter der Schloßkirche und der an die
Kirche grenzende Bau des mittleren Huf-
eisens noch Bureaus des Amtsgerichts ent-
halten, ist jetzt der größte Teil der übrigen
Gebäude den Sammlungen eingeräumt wor-
den. Das großartige Treppenhaus mit sei-
nen Deckenbildern von Kosmas Daniam
Asam und seinen Stuckaturen von Paul
Egell führt zu den Hauptsammlungen des
Schloßmuseums empor. Der große Ritter-
saal, in dem die Eröffnungsfeier stattfand,
und die anstoßenden Prachträume, sowie
die Zimmer des zur Bibliothek hinführen-
den Flügels im Hauptgeschoß sind neu her-
gerichtet und beherbergen das eigentliche
„Schloßmuseum“. Der Name kann irre-
leiten. Das Museum ist nicht in Vergleich
zu setzen mit Schloßmuseen, wie sie seit
der Revolution in ehemaligen Residenzen
entstanden sind: Schlössern, deren Inventar
kostbar und reich genug war, um nach ge-
ringen museumstechnischen Änderungen
und Ergänzungen sofort als Museum ge-
zeigt zu werden. Es ist vielmehr ein durch
70jährige Sammeltätigkeit des Altertums-
vereins zusammengebrachter musealer Be-
sitz, der durch ein paar glückliche und

großzügige Ankäufe der Stadtgemeinde in
jüngster Zeit so vermehrt worden ist, daß
jetzt der gesamte Inhalt als Ganzes genom-
men, das Museum in die Reihe der bedeu-
tendsten süddeutschen Kunstgewerbemu-
seen rückt. Dabei kann man nicht eigent-
lich sagen, daß das Schloßmuseum ein
Kunstgewerbemuseum ist. „Kulturmuseum“
nennt es Prof. Walter, der als Direktor
die Einrichtung geleitet hat. Ganze Gruppen
beziehen sich auf die Mannheimer Stadt-
geschichte, andere Abteilungen wieder ge-
ben eingerichtete Stilzimmer oder lassen die
alten Schloßräume als solcfie wirken fast
ohne jede museale Aufmachung, während
wieder andere Räume rein kunstgewerb-
liche Abteilungen enthalten, wie die herr-
liche Porzellansammlung Karl Baers oder
die Majolikasammlung von Hermannsdör-
fer oder die schönen Biedermeiergläser
aus der Sammlung Waldeck. Ein köstlicher
Besitz ist in den herrlichen Räumen aufge-
gestellt. Noch kann man das Ganze nicht
als Einheit empfinden. Das organische Ver-
wachsensein von Raum und Inhalt fehlt
noch. Mit Recht ist bei den Eröffnungs-
feiern immer wieder betont worden, daß das
Museum in seinem jetzigen Zustand einen
Anfang bedeutet und die eigentliche Orga-
nisationsarbeit, die das Ganze zu einem le-
bendigen Museum machen soll, noch zu
leisten ist. Auch die unter der Leitung von
Prof. Gr open gieß er stehenden Räume
des ehemaligen Hofantiquariums, der jetzi-
gen Antiken-Sammlung im Erdge-
schoß sind neu ausgestattet worden. Die
Aufstellung ist noch nicht ganz beendet.
* *
*
Zu gleicher Zeit wie das Schloßmuseum
wurde die Schloßgalerie wieder er-
öffnet. Das ist die Sammlung alter Bil-
der, die anschließend an die Bibliothek
im sog. Galerieflügel seit 1803 aufgehängt
ist. Seit zwei Jahren ist diese Samm-
lung der Verwaltung der Kunsthalle unter-
stellt ist. Sie umfaßt in der Hauptsache alte
Niederländer, darunter ein paar erstklassige
Stücke, späte Italiener und Franzosen des
17. Jahrhunderts, sowie eine Sammlung von
über 23000 alten Kupferstichen. Die Auf-
gabe der Neuordnung war es, die gröbsten
Kopien und Fälschungen aus dem Bilder-
bestand auszusortieren und den Rest in den
neuhergerichteten Räumen zu verteilen.
Trotz der durchschnittlich nicht sehr hohen
Qualität der Bilder kann das Ganze doch als
Grundstock für eine Galerie alter Meister
dienen, wie sie bisher in Mannheim gefehlt
hat. Auch die schöne Kupferstichsamm-

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