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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 3
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0123

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SAMMLER UND MARKT

UNBEKANNTE BILDER VON VINCENT
VAN GOGH 1 VON I. B. DE LA FAILLE
Zu den am meisten gesuchten modernen
Künstlern gehört heule Vincent van Gogh. Bei
Lebzeiten unbekannt geblieben, nach seinem
Tode fast vergessen, ist er erst allmählich in
das Bewußtsein unserer Zeit eingegangen. Ist
er auch in vielen großen Galerien noch nicht
vertreten, so wird dennoch jedes Jahr die
Nachfrage größer. — In dem catalogue rai-
sonnc, den ich zusammengestellt habe — er
wird Ende dieses Jahres erscheinen — habe
ich etwa 85o Bilder van Goghs beschrieben
und ebenso viele Zeichnungen und Aquarelle.
Sein ganzes Oeuvre wird also 1700 bis 1800
Arbeiten umfassen.
Wenn man an eine derartige Zusammenstel-
lung viel Zeit aufgewendet hat, dürfte man
beinahe annehmen, daß Lücken nicht mehr
bestehen. Deshalb war ich sehr überrascht,
als ich eines Tages die Nachricht erhielt, daß
in einer ausländischen Privatsammlung 6 Bil-
der van Goghs gefunden worden seien, die
mir völlig unbekannt geblieben waren. - — Er-
fahrungsgemäß steht man solchen Entdeckun-
gen zunächst skeptisch gegenüber, da es sich
in ähnlichen Fällen oft nur um Fälschungen
handelt. Umso nachdrücklicher kann ich des-
halb diesmal den Entdecker, Herrn Bammann,


V.van Gogh'BrabanterBäuerin. Etwa 1885


V. van Gogh Selbstbildnis mit Strohhut
Paris 1887
zu seinem Funde beglückwünschen, da alle
sechs Bilder absolut echt und einwandfrei
sind.
Von diesen entstammen drei Arbeiten der
holländischen Periode van Goghs, und zwar
der Zeit in Nuenen (i883—1885), und drei
den Pariser Jahren (1886 bis 1888). Sehr
groß ist die Anzahl der Arbeiten, welche er
in Nuenen gemalt hat. Er lebte dort zwischen
dem Bauernvolk, das nur im harten Kampf
mit der Erde sein tägliches Brot gewinnen
kann. Die Melancholie dieses Landes, die dürf-
tigen Lebensverhältnisse haben die Züge dieser
Bauern verhärtet und mit Furchen durch-
zogen. Vincent hat dieses freudlose, lichtarme
Leben mit Vorliebe gemalt. Auch Millet hat
sich zur Wiedergabe des Lebens auf dem
Lande angezogen gefühlt, aber neben van Gogh
werden die Milletschen Figuren allegorische
Gestalten. Millet hat den Reiz, die Anmut, die
Ruhe wiedergegeben. Vincent suchte die Reali-
tät, ohne etwas zu verschönern und ohne die
mindeste Milderung. In dunkelgrauen Farben
malt er die Kleider der Frauen und Männer.
Die harten, groben Züge der Menschen hat er
erbarmungslos wiedergegeben. In den Augen
1 Die Bilder befinden sich in der Kunsthandlung
Hans Bammann, Düsseldorf, Viktoriastr. 4.

1 O l
 
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