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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 4
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Cunow, Heinrich: Der Zweck ethnographischer Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0129

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DER ZWECK ETHNOGRAPHISCHER MUSEEN
VON HEINRICH CUNOW
Dieser Artikel des bekannten Gelehrten und ehemaligen Museumsdirektors will mehr sein
als eine bloße Kritik an der Umgestaltung und Neueinrichtung des Berliner Völker-
kundemuseums. Er ist vor allem um der prinzipiellen Unterscheidung zwischen den Auf-
gaben eines Kunstmuseums und derartiger völkerkundlicher Sammlungen wichtig und von
besonderer Aktualität. Der Herausgeber
Die am 26. Juni vorigen Jahres, dem hundertjährigen Geburtstag Adolf Bastians,
erfolgte Wiedereröffnung des umgebauten Berliner Museums für Völkerkunde
hat schon in den ersten der Eröffnungsfeier folgenden Tagen in der Presse manche
abfällige Kritiken und Proteste hervorgerufen, denen freilich alsbald, wie von
vornherein nicht anders zu erwarten war, einzelne Äußerungen der Zustim-
mung und sogar der Bewunderung folgten. Seitdem haben die damals hoch-
gehenden Wogen der Meinungsverschiedenheiten sich gelegt,— wenigstens in
der breiten Öffentlichkeit5 in den Kreisen der Ethnologen und der Museums-
fachleute geht der Streit über das sogenannte »eigenartige Experiment« weiter.
Natürlich weichen die Urteile und ihre Begründung vielfach voneinander ab;
nicht nur danach, wie der Urteilende sich zur modernen Völkerkunde stellt,
das heißt, welche ethnologische Richtung er als Fachmann vertritt und welche
Aufgaben er demnach ethnographischen Sammlungen zuweist, sondern auch
inwieweit er besondere künstlerische, archäologische oder ästhetische Anschau-
ungen vertritt.
Immer wird selbstverständlich ein Künstler und Kunsthistoriker eine derartige
Sammlung von anderen Gesichtspunkten aus betrachten als ein Fachwissen-
schafter, der vor allem den Zweck verfolgt, durch ein wohlausgewähltes An-
schauungsmaterial den Museumsbesucher in ein bestimmtes Wissensgebiet, in
diesem Fall also in die Völkerkunde, einzuführen und ihm gewisse Grund-
elemente dieser Wissenschaft ad oculos zu demonstrieren.
Wer die früheren Innenräume des Museums und ihre Ausstattung gekannt
hat, wird sicherlich manche Neueinrichtungen als nützliche Verbesserungen an-
erkennen, — sind doch die alten langen Ausstellungsräume mit ihren Metall-
pfeilern, ihren häßlichen Wellblechdecken und ihrer mangelhaften Doppel-
belichtung verschwunden. Durch eine Einteilung der großen, langgestreckten
Säle in kleine, intimere Räume sind entschieden vielfach günstigere Raum-
wirkungen erzielt — ein Vorteil, der freilich zum Teil dadurch wieder auf-
gehoben wird, daß einzelne dieser neuen Räume für die besonderen Ausstel-
lungszwecke eines ethnographischen Museums reichlich klein geworden sind,
auch zu wenig Licht haben und mit einer kalten grauen, richtiger »gräulichen«
Farbe übertüncht sind, die durchaus nicht, wie wahrscheinlich beabsichtigt
worden ist, die Ausstellungsgegenstände scharf hervortreten läßt.
Vor allem wird wohl jeder, der das Museum früher besucht hat, es als wohl-
tuende Neuerung empfinden, daß der dem Eingang gegenüberliegende Licht-
hof im wesentlichen von seinen großen Schauobjekten befreit worden ist, war
doch dieser Raum nach und nach geradezu zu einer Kulturgerümpelhalle ge-
worden, die oft ein spöttisches Lächeln fremder Museumssachverständiger her-
vorrief. Alles, was in die Säle nicht hineinpaßte oder dort wegen seiner Größe
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