Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0239
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Heft 7
DOI article:Mayer, August Liebmann: Unbekannte Spanier
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Abb. 1. B. E. Murillo
Der Traum des hl. Joseph
München, Hoflmnsthandlung Fleischmann
UNBEKANNTE SPANIER
VON AUGUST L. MAYER
i. EIN UNBEKANNTES FRÜHWERK VON MURILLO
Der »Traum des hl. Joseph«, den wir hier als eigenhändige Arbeit des B. E. Mu-
rillo veröffentlichen, ist in der Literatur vollkommen unbekannt. Das Bild (Lein-
wand L. 1,21, Br. 1,63 in [Abb. i j) befand sich bis vor kurzer Zeit in Madrider
Privatbesitz. Wie man in der gesamten Komposition und in der Auffassung
noch die zeitliche Nähe des berühmten 164g — 46 für den Kreuzgang von
S. Francisco in Sevilla ausgeführ ten Gemäldezyklus spürt, so zeigen auch Details
die Verwandtschaft mit Werken, die 164g — go entstanden sind. Die Malerei
ist gewiß schon weicher, zarter und verbindlicher als etwa die der beiden Bilder
in der Madrider Akademie und der »Engelsküche« im Louvre, aber die Ge-
stalt des Engels ist aus der des violinspielenden auf der Franziskus-Vision in
der Madrider Akademie und aus denen des Louvre-Bildes entwickelt. Der hl.
Joseph erinnert lebhaft an die Gestalt aus der »hl. Familie« im Prado nicht
nur als Modell, sondern auch in der malerischen Durchführung, wobei freilich
der Anschluß, die Erinnerung an Schöpfungen Riberas schwächer ist als auf
dem Prado-Bild. Man wird wohl kaum fehl gehen, wenn man den »Traum
des hl. Joseph« um 1650 datiert. Das Bild ist ein neuer Beweis für die echt
spanische naturalistische Erzählungsart Murillos, der bei all seiner Neigung und
Befähigung für das Genrebild doch mit großem Takt bei derartigen religiösen
Bildern die Würde des Kirchenbildes durch mehr als dekorative Gesamthaltung
bewahrt hat.
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Der Traum des hl. Joseph
München, Hoflmnsthandlung Fleischmann
UNBEKANNTE SPANIER
VON AUGUST L. MAYER
i. EIN UNBEKANNTES FRÜHWERK VON MURILLO
Der »Traum des hl. Joseph«, den wir hier als eigenhändige Arbeit des B. E. Mu-
rillo veröffentlichen, ist in der Literatur vollkommen unbekannt. Das Bild (Lein-
wand L. 1,21, Br. 1,63 in [Abb. i j) befand sich bis vor kurzer Zeit in Madrider
Privatbesitz. Wie man in der gesamten Komposition und in der Auffassung
noch die zeitliche Nähe des berühmten 164g — 46 für den Kreuzgang von
S. Francisco in Sevilla ausgeführ ten Gemäldezyklus spürt, so zeigen auch Details
die Verwandtschaft mit Werken, die 164g — go entstanden sind. Die Malerei
ist gewiß schon weicher, zarter und verbindlicher als etwa die der beiden Bilder
in der Madrider Akademie und der »Engelsküche« im Louvre, aber die Ge-
stalt des Engels ist aus der des violinspielenden auf der Franziskus-Vision in
der Madrider Akademie und aus denen des Louvre-Bildes entwickelt. Der hl.
Joseph erinnert lebhaft an die Gestalt aus der »hl. Familie« im Prado nicht
nur als Modell, sondern auch in der malerischen Durchführung, wobei freilich
der Anschluß, die Erinnerung an Schöpfungen Riberas schwächer ist als auf
dem Prado-Bild. Man wird wohl kaum fehl gehen, wenn man den »Traum
des hl. Joseph« um 1650 datiert. Das Bild ist ein neuer Beweis für die echt
spanische naturalistische Erzählungsart Murillos, der bei all seiner Neigung und
Befähigung für das Genrebild doch mit großem Takt bei derartigen religiösen
Bildern die Würde des Kirchenbildes durch mehr als dekorative Gesamthaltung
bewahrt hat.
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