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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 9
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0324

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bitterter Kampf entspann sich zwischen Ge-
heimrat Oltomar Strauß und dem bekannten
Kunsthändler Heilbronner, der am Ende das
köstliche Werk für 67000 M. in seinen Be-
sitz brachte. Sein Gegner konnte sichmiteiner
anderen kölnischen „Thronenden Maria mit
dem Kinde“ entschädigen, die er für 4800 M.
erwarb. Das Altarrelief „Geburt Christi“ aus
der Sammlung Croy wurde von Direktor Köt-
schau gekauft. Wie wir erfahren, ist fast das
ganze Material in Deutschland geblieben. Nach
England ging nur der schöne Himmelsglobus
des Marburger Meisters Jost Burgi (um i58o)
mit 25 ooo M. Wahrscheinlich auch nach dem
Ausland das Triptychon des Meisters der Mag-
dalenen-Legende mit 21 000 M. — Sehr be-
gehrt waren die Renaissanceuhren, die zwi-
schen 3oo und i5oo M1. lagen, ebenso die
Tischuhren, bei denen man für einzelne
schöne Stücke 1200 und i3oo M. bezahlte, die
Reisewagenuhren, von denen eine salzburgische
(um 1700) 1200 M. brachte und jene des 18.
Jahrhunderts, deren Preise sich zwischen 5oo
und 700 M. bewegten. Stark fielen dagegen
die Barockuhren ab, die im Durchschnitt nur
200 bis 3oo M. erreichen konnten. Von den
Empireuhren nenne ich die Alexander von
Humboldts, ein Geschenk des Königs von
Dänemark, Altona 182g, mit g5o M.
Bedeutendes Interesse zeigte sich für die Me-
tallarbeiten. Der prächtige und in der Lite-
ratur wohlbekannte Silberpokal, Köln 1609,
kam auf 7000 M. Das Reliquienkreuz aus
Bergkristall, eine Arbeit von Wallbaum, Augs-
burg um 1590, 6i5o M. Aus der Summe der
Möbel sei nur einer Rokokokommode gedacht,
deutsch (um 1760), deren Preis 2200 M. war.
K
DIE DREI GROSSEN BOEllNER-VER-
STEIGERUNGEN
Das Gesamtergebnis der am Anfang des Mo-
nats in Leipzig durch C. G. Boerner abgehal-
tenen Versteigerungen kostbarster alter Gra-
phik übertraf alle Schätzungen. Allein bei der
Auktion der von Hagenssehen Sammlung be-
trug der Umsatz in nur anderthalb Tagen
über eine halbe Million; das Ergebnis aller
drei Auktionssammlungen zusammen belief
sich auf über eine Million Goldmark, also auf
weit mehr, als bisher irgendeine Auktions-
woche bei Graphik erbrachte.
Noch nie hatte sich ein derartig kaufkräftiges
internationales Publikum bei einer Boerner-
schen Auktion eingefunden, wie diesmal. So
waren außer den Direktoren mehrerer deut-
scher Sammlungen auch die der Kabinette in
London, New York und Wien, sowie ein Ver-

treter des Stockholmer Kabinetts persönlich
anwesend, ferner ein amerikanischer Privat-
sammler und die Vertreter der bekanntesten
Firmen des In- und Auslandes.
Bereits die erste Stunde der IJagens-Auktion
brachte den ioooo-Dollar-Preis für das wun-
dervolle Exemplar von Dürers Adam und
Eva, das Mr. Wunderlich aus New York er-
stand. Das New Yorker Kabinett erwarb durch
die Firma Colnaghi die zwei großen Holz-
schnitte aus Granachs Frühzeit, beide zu
Rekordpreisen, wobei der Dollar über die ver-
zweifelten Anstrengungen der Berliner und
Münchener Sammlungsleiter triumphierte, die
bis zu mehr als dem Dreifachen der Schät-
zungen mitboten. Dafür blieben die deut-
schen Museen an anderer Stelle glückliche
Sieger: Geheimrat Friedländer kaufte z. B.
den höchst seltenen, frühesten signierten Holz-
schnitt Burgkmairs für mehr als das Doppelte
der Schätzung, sowie ein seinem Kabinett noch
fehlendes Schongauer - Ornament. Professor
Weigmann erweiterte und verbesserte die Be-
stände der Münchener Sammlung an Stichen
und Holzschnitten Dürers und mit feinen Pro-
ben der Graphik Schongauers, Cranachs, Bai-
dungs, WechtlinsundRembrandts. Die Wiener
Albertina kaufte ein nur in zwei Abdrucken
bekanntes Blatt aus Cranachs Frühzeit. Im
Ganzen erwies sich aber wiederum gerade bei
den M ei s t er hol z s chni tten die Über-
legenheit Amerikas, denn eine große Anzahl
der wichtigsten und seltensten Blätter wurden
für das Metropolitan Museum in New York er-
steigert. (Man vergleiche die Cranach-ITausse
im vergangenen Herbst, die auch auf amerika-
nische Auftragsgeber zurückzuführen war!)
Dagegen zeigte sich bei den schönsten Quali-
täten der Hagenschen Rembrandts der
europäische Sammler kaufkräftig genug, um
das meiste zu halten, und für die andere
niederländische Graphik interessierten sich am
stärksten zwei anwesende holländische Pri-
vatsammler, sowie zwei belgische Händler.
Gegenüber den deutschen Museen trat der
deutsche Sammler mehr zurück als im Herbst.
Auf Vorkriegspreise im einzelnen vergleichend
einzugehen, ist wohl diesmal kaum nötig: Zu-
sammenfassend sei gesagt, daß die
Qualitätsware eine durchaus neue
Bewertung erfahren hat. Zunächst
werden also die Preiskataloge der drei Boer-
ner-Auktionen ähnliche Geltung besitzen, wie
bislang die der Versteigerungen Lanna, Hubert
oder Theobald. Nach den Erfahrungen der
letzten Jahre möchte man aber fragen: Wie
lange wohl? ... E Tdt

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