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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 12
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Gold, Alfred; Meier-Graefe, Julius [Gefeierte Pers.]: Julius Meier-Graefe: zu seinem 60. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0399

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JULIUS MEIER-GRAEFE / zu seinem 6o. Geburtstag
VON ALFRED GOLD


Meier-Graefe wird
in diesen Tagen ge-
feiert, und man um-
spannt im Geiste
seine Wirkung. Ich
konnte sie in ver-
schiedenen Kreisen
und verschiedenen
Ländern erleben.
Ich habe es erfah-
ren, daß diese Wir-
kung auch durch
den Krieg und
die Feindesgrenzen
nicht zerrissen
wurde. Das Inter-
esse für lebendige
Kunst ging ja wei-
ter, trotz Verfein-
dung; Sammler-
trieb und Kunst-
handel schwangen
weiterhin um die
große Malerei, und
überall, wo diese
zu Worte kommt,
sprach und spricht
Meier-Graefe mit. Seit zehn Jahren finde ich seine Bücher auch außerhalb
Deutschlands, auch im skandinavischen Norden, in Frankreich, in England;
es ist, als hätte die Gemeinde, die es für moderne Kunst gibt, erst durch ihn
ihr internationales Verständigungsmittel erhalten.
Wie entstand die Leistung, die das zustande brachte? Meier-Graefe begann als
Romanschriftsteller, er geriet in das literarische Berlin, kam durch Bierbaum in
die Buchkunst- und Geschmackskunst-Bewegung, wurde Mitbegründer des »Pan«.
Als dieser nach kurzer Blütezeit einging, übersiedelte Meier-Graefe nach Paris.
Er versuchte dort zuerst sein Glück mit einem geschäftlichen Unternehmen, einem
Kunsthandel, für den er aber, wie es schien, doch nicht der vorbestimmte Mann
war. Auch der Kunsthandel ging ein. Etwas Höheres brach sich Bahn. Meier-
Graefe wurde Kunstforscher, und jetzt — jetzt erst — fühlte er einenBeruf, dem er
so viel Fleiß, eine solche Leidenschaft entgegentrug, daß seine Leistung schon mit
dieser Voraussetzung allein, ohne die sie unmöglich gewesen wäre, imponieren,
verblüffen muß. In mehr als zwanzig schnell hinter einander beschriebenen Bü-
chern hat Meier-Graefe die Malerei des 19. Jahrhunderts behandelt: einer Bücher-
reihe, in der etwas vom Furor eines Balzac, eines Dostojewsky steckt. Ist das nicht
rein schriftstellerisch ein überragendes Lebenswerk, unbekümmert darum, ob die

Eugen Spiro

Bildnis Meier-Graefes

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