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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 14
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0467

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Fliigelaltar aus der Werkstatt des »Meister Wilhelm« von Köln
Erwerbung für das Deutsche Museum in Berlin

RUNDSCHAU

ERWERBUNGEN FÜR DAS „DEUTSCHE
MUSEUM“ IN BERLIN
Im Kaiser Friedrich-Museum sind die letz-
ten bedeutenden Erwerbungen für das neue
deutsche Museum ausgestellt. Es sind durch-
weg Stücke von hohem Niveau. Vor allem sind
zwei Flügelaltäre zu nennen, der Altar aus
Heiligenstadt im Eichsfeld mit Passionsgruppe
und Standfiguren von Heiligen aus dem letz-
ten Viertel des it\. Jahrhunderts. Bode hat ihn
vor einigen Jahren in den amtlichen Berichten
publiziert. Die Einwirkung der älteren böh-
mischen Schule ist hier offenbar. Ebenfalls
von Bode publiziert ist ein großer Klappaltar
der Kölnischen Schule mit Standfiguren von
Heiligen in geschnitzter LTmrahmung. Er
stammt aus der Sammlung des Freiherrn v.
Brencken in Wever bei Paderborn und wurde
zuerst auf der Düsseldorfer Ausstellung von
1904 bekannt. Es handelt sich um ein Werk
aus der Schule des sogenannten Meister Her-
mann Wynrich um 1410 -20. Die enge Ver-
bindung mit der benachbarten burgundisch-
französischen Malerei der Zeit ist an diesem
bedeutenden kölnischen Stück klar ersichtlich.
Der dritte erworbene Flügelaltar jener aus der
Kirche in Flötz bei Magdeburg zeigt die Pas-
sionsgruppe begleitet von der heiligen Katha-
rina und einem Bischof. Auf dem linken Flü-
gel die Geburt Christi, auf dem rechten die
Anbetung der Könige. Der jugendliche Fürst
noch nicht als Mohr gebildet! Typisches Ko-
stüm der Siegismundzeil um i4oo. Schwere

dunkle Farben der späteren böhmischen
Schule.
Ganz besonders interessant ist der Flügelaltar
mit der Auferstehung Christi, ehemals in der
Liebfrauenkirche in Arnstadt. Ein Werk der
südhannoverschen Schule vom Anfang des
i5. Jahrhunderts, fixiert durch den großen
Flügelaltar aus der Barfüßerkirche in Göttin-
gen, jetzt im Provinzialmuseum in Hannover,
durch Inschrift auf dem Rahmen i4a4 ent-
standen. In vielen Einzelheiten ist die ikono-
graphische Auffassung bemerkenswert, ebenso
die Fülle der lateinischen Inschriftenstreifen
auf dem Bilde. — Als sehr ansprechende Er-
werbung muß der kleine „Tod der Maria“
vom Meister des Bartholomäus-Altars um 1490
bezeichnet werden, hervorragend erhalten und
neben der heiligen Magdalena bisher das ein-
zige Beispiel des bedeutenden Kölner Meisters
im Kaiser Friedrich-Museum.
Von den Ilolzskulpturen seien genannt eine
Madonna aus der Kirche in Egeln bei Magde-
burg, i4. Jahrhundert, ein eichengeschnitzter
Altar aus dem Dom in Minden, ebenfalls um
i4oo, eine heilige Agnes mit dem Lamm,
schwäbische Arbeit um i4oo, eine mittelrhei-
nische Madonna um i4io, zurzeit geborgen
in dem kölnischen Klappaltar, und eine heilige
Magdalena in der Art des Hans Multscher als
Vertreterin der Übergangszeit zum Realismus.
Man wird dem deutschen Museum mit größter
Spannung entgegensehen dürfen und möchte
nur wünschen, daß die Zeit der Eröffnung
nicht mehr fern sei. Kuhn

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