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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 20.1928

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Heft 1
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Eberlein, Kurt Karl: Das Problem der Farbe bei Feuerbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.41322#0056
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war als eine Schulepoche. Die ganze Weite, aber auch die logische Genesis
seiner Wandlung läßt sich an diesen beiden Bildern (Tambourinmädchen und
Lesbia) ablesen und erweisen. Vor der »Lesbia« versteht man, welche Kräfte
und Süßigkeiten das überreizte Instrument seines Gefühles besaß, wie weich,
wie kultiviert dieser formenstarke androgyne Künstler war, der von den
deutschen Malern »am meisten Musik im Leibe hatte«. Hier versteht man
jene oft beanstandete, naturfeindliche, idealisierende Kunstwahrheit, die ihre
Menschen wie vor Kulissen mit künstlichen Blitz- und Farbliclitern, das histo-
rische Bild auf eigene Bühne, in eine eigene von Kunstlüften und Kunstszenen
belebte Welt stellt. Das Wesen dieser Kunst, die Dichtung dieser Natur, die
Malerei dieser Malerei wird in ihrem ganzen Wert, in ihrer eigenen pro-
testierenden Geistesverwandtschaft mit den Kunstgebilden der großen Patho-
logen Nietzsche und Meyer fühlbar. Das Problem des »Renaissancismus«, das uns
Baumgarten gedeutet hat, ist hier als nordisches Heldenschicksal wieder offenbar.
Das Sonett- und Liedhafte dieser Bildungen, die sonnensuchende Nachtstimme
dieses »Prinzen Vogelfrei«, das Vermächtnis dieses in Dichtung und Bekennt-
nis, in Kunst und Leben erschöpften siegreichen Kämpfers, gehören einer
Nation, die das Verehrungswürdige ihrer verehrenden Kraft als ihren wrahren
Kronschatz bewahrt. »Lesbia« ist in Feuerbachs großem Lebenswerk vielleicht
das blühendste, malerisch reifste Bild, dem besten Zeitgenössischen ebenbürtig,
die glücklichste Synthese einer deutsch-französischen Kultur, der lieblichste
und verräterischste Zeuge jenes überheblichstolzen, schöpferisch überreichen
Jahres, von dem der Künstler, der eben die Formidee des Gastmahls gestaltet
hatte, froherschrocken und glückgeblendet der bangen Mutter am 9. Dezember
1868 bekennt: »Das ist ein Götterjahr!«

Peter Paul Rubens

Neuerwerbung des Kaiser-Friedrich-Museums, Berlin

Landschaft
 
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