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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 20
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0629

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Oberitalienischer Meister um 1500 Bronzekassette
Versteigerung der Sammlung Murray am 6. und 7. November durch Cassirer-Helbing, Berlin
SAMMLER UND MARKT

DIE NO VEMBE RVEBSTEIGERUNGEN
BEICASSIRER
Nach dem Ereignis der Simon-Versteigerung brin-
gen Cassirer-Helbing mehrere kleinere
Sammlungen vom 5. bis 8. November zum Aus-
gebot. Es sind dies die Sammlung T h e o d o r
E. Simon, der Nachlaß Wilhelm von
Bode, die M ünclmer Sa m m lung v o n
Lanna, dieFlorentiner Sammlung Mur-
ray. In der Anlage, nicht in der Art der Objekte,
ähneln sich alle vier Sammlungen. Sie sind zu-
sammengetragen worden, zum Schmucke der Häu-
ser der Sammler, weniger nach systematischen Ge-
sichtspunkten. So sind in den zur Versteigerung
kommenden Sammlungen nahezu alle Gebiete der
Kunst von der Malerei an bis zum Kunstgewerbe
vertreten. Den Reiz solcher mehr auf das Dekora-
tive gerichteten Sammlungen macht eine glück-
liche, harmonische Wahl der einzelnen Objekte
aus. Trotzdem kommen einzelne Gebiete, die den
Sammlern besonders am Herzen lagen, in einer
gewissen Geschlossenheit vor. So die chinesischen
Grabfi guren in der Sammlung Simon, die Majo-
liken der Renaissance in den Sammlungen Bode
und Murray, orientalische Knüpfteppiche eben-
falls in der Sammlung Bode u. a. Manch bedeuten-
des Einzelstück zeugt vom Geschmack der Sammler.
Als erste wird die Sammlung Simon am 5. No-
vember versteigert. Ihre Stärke und Besonderheit
liegt, wie schon erwähnt, in den chinesischen
Kunstgegenständen. Die schönsten der Grabfiguren
sind durch die chinesische Ausstellung allgemein
bekannt geworden, so die unbewegt stehenden

Männer und Frauen aus Ton, Werke aus der Zeit
der Wei-Dynastie und die stark bewegten Schau-
spieler, Tänzer, Tänzerinnen, Musikantinnen, Rei-
terinnen aus der Blütezeit der tönernen Grabbei-
gaben in der T’ang-Zeit. Aus anderen Perioden
nennen wir den Kopf eines Bodhisattva, das
Fragment einer Stele aus gelblichem Marmor, im
Sui entstanden, und einige Porzellane der Kang-
hsi- und Chien-lung-Zeit. Der zweite, »gemischte«
Teil der Sammlung ist ausschließlich europäischen
Werken Vorbehalten. Hier finden sich Meißner
und Frankenthaler Porzellane, Gemälde des 18.
Jahrhunderts, darunter Werke von Belotto, Cana-
letto, Guardi, Reynolds, Hubert Robert, englische
Farbstiche und Sportblätter, Möbel und Textilien
des 18. Jahrhunderts.
Der Nachlaß Wilhelm von Bo d e s wird in
zwei Abteilungen veräußert, am 5. November die
kunstgewerblichen Arbeiten, am 8. November die
Bibliothek. Der gesamte Nachlaß stellt zahlen-
mäßig keine große Sammlung dar. Bode hat die
meisten seiner kunstgewerblichen Erwerbungen
schon zu Lebzeiten den verschiedenen Abteilungen
der Berliner Museen als Geschenke überlassen.
Außer dem Mobiliar, zumeist Stücken des 17. und
18. Jahrhunderts, hat er nur eine kleine, aber er-
lesene Kollektion früher italienischer Majoliken,
die in der Hauptsache in Florenz entstanden sind,
und orientalischer, fast ausschließlich kleinasiali-
scher Knüpfteppiche des 16. und 17. Jahrhunderts
für sich behalten. Der Erforschung dieser beiden
Gebiete hat Bode einen Teil seiner wissenschaft-
lichen Arbeit gewidmet, ihm dienten als unent-

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