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Clemen, Paul
Die gotischen Monumentalmalereien der Rheinlande: mit Beiträgen von Burkhard Frhrn. v. Lepel und Margot Remy (Text) — Düsseldorf, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.28108#0047
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der Kathedrale zu Saint Albans nahe, die aus drei Generationen stammt108. An dem lmmer wiederholten Motiv der Kreu-
zigung ist der Wechsel der Formengebung m natürhcher Stufenfolge abzulesen. Die Krönung Mariä auf einem der Pfeiler der
Nordseite läßt eine Stilstufe erkennen, die der gleichen Darstellung in der Bylocke m Gent und bei dem älteren Andreas-
meister in Köln parallel ist. Am Schluß dieser Entwicklung stehen die großen, freihch nicht mehr mtakten Einzelfiguren in der
Westminsterabtei109, die noch vor 1300 entstandene große h. Fides in der Chapel of St. Faith, die wie die Ubersetzung
einer sorgfältig ausponderierten frühgotischen Plastik erschemt, und die beiden Kömgsfiguren von den Sedihen 1m Chor, die
um 1308 zu datieren sind; deutlich ist der Weg zu der Kalligraphie der onduherenden Gewandsäume zu verfolgen, zu der Bildung
eines die Kunstmittel der Hochgotik schon erfassenden eigentümlichen enghschen Monumentalstiles.

An die frühen englischen Malereien, die zwischen Croughton und Chalgrove liegen, könnte man wohl noch einige weitere
wichtige Denkmäler anreihen. Das wären m der Kathedrale zu Norwich die großen, um 1300 anzusetzenden Apostelgestalten,
die in einem Bogen in der Ante-Reliquary-Chapel unter gotischen Baldachinen angeordnet sind, sehr elegante Figuren von
einer dünnen und feinen Malerei, die einen merkwürdig empfindsamen Strich bringt, schon seltsam preziös und gespreizt. In
derselben Kapelle sind im Gewölbe in jedem Feld drei stehende Figuren gemalt, zur Seite der heihgen Jungfrau die hh. Mar-
gareta und Katharina, gegenüber St.Andreas zwischen St.Peter und St.Paul, bedeutende Figuren m einfacher Zeichnung mit
großen Gewandmotiven zwischen blaugrünen Ranken, noch in der Art des Gewölbes m der Krypta von St. Gereon110. Mit
den Malereien in Chalgrove geht zusammen die Dekoration der Apsis in Saint-Marys in Chickendon (Oxfordshire), m einer
sehr breiten Rötelzeichnung über die Fläche hinweggezogen. Uber dem mittleren Fenster auf breitem Kissenthron Christus
Salvator, beide Hände erhoben, zur Seite des Fensters unter einfachen gotischen Baldachinen St. Peter und St. Paul, weiter je
drei Apostel mit Büchern, der Mitte zugewendet. In Great Canfield Church (Essex) lst ein Bild der thronenden Jungfrau
in Rötelzeichnung, das Gewand nur leicht gelb angetuscht, erhalten, die Jungfrau dem ganz erwachsenen, voll bekleideten Kind
auf ihrem linken Knie die eine Brust darreichend. In East Bedfont Church (Middlessex) ist an der Nordwand des Lang-
schiffes in einer Nische, eingerahmt von einem Vierpaß, eine Darstellung des sitzenden Chnstus zwischen zwei Engeln mit den
Kreuzigungswerkzeugen erhalten, unter dem Vierpaß posaunenblasende Engel und Auferstehende, in einer flotten roten Zeich-
nung nur wie eine Skizze sehr lebendig hingestürmt. Daneben noch eine Kreuzigung in roter Zeichnung auf rotem Grund111.

108 Vgl. darüber William Page, The St. Albans school of painting, murai and miniature I.: Archaeologia LVIII, 1902, p. 275. — W. R. Lethaby, English primitives: Burhngton
Magazine XXIX, 1916, p. 189; XXXI, 1917, p. 97. — Abb. bei Borenius u. Tristram, a. a. O. Taf. 12—15, die Krönung Mariä (dort datiert: 1250—1300), Taf. 16. Ver-
zeichnis der sämtlichen malerischen Reste bei C. E. Keyser, List of buildings in Great Britain, having mural decorations, London 1883, p. 214 mit reichlicher älterer Literatur.

109 Boremus u. Tristram, a. a. 0. Taf. 19—21, 40—42, p. 19. über die Datierung der h. Fides auf 1270—75 vgl. W. R. Lethaby, English primitives: Burhngton Magazine
XXIX, 1916, p. 281; XXX, 1917, p. 133. — Walpole Society Annual I, 1911, p. 69. — Revue de l’art chretien LXI, 1911, p. 69.

110 Borenius u. Tristram, a. a. O. Taf. 36, 37. — Vgl. G. E. Fox in The Victoria Country History, Norfolk II, p. 533. Zu vergleichen die beiden stehenden Figuren (Andreas
und David) lm Peterborough Psalter des Corpus Christi College, Cambridge (0. E. Saunders, Engl. Buchmalerei, Taf. 103).

111 In diesen Zusammenhang gehören noch die Wandmalereien in Stone Church (Kent), in Bapchild bei Sittingbourne (Kent), die lch wie die obengenannten an den aus-
gezeichneten farbigen Kopien des Malers E. W. Tristram im Victoria-und-Alberlmuseum in London, dank dem besonderen Entgegenkommen des Künstlers wie der
Museumsverwaltung, studieren konnte. Die gewaltigen, freilich restaurierten Biider in Preston Church, Brighton, Sussex, um 1300 schon i. d. Archaeologia XXIII, 1831,
p. 311, pl. 26 u. i. Builder 1864, p. 725. Vgl. C. E. Keyser a. a. 0. p. 202. In All Saints Church zu Friskney, Lincolnshire, im Stil abweichende, stark naturahstische Malereien,
Geburt, Propheten, datiert auf ca. 1320 (Archaeologia XLVIII, p. 270; L, p. 281; LIII, p. 427, zuletzt ausführhch H. S. Cheales, ebenda LIX, 1905. p. 371).

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