lst der Kopf des Weltenrichters gegenüber, der bei aller Mächtigkeit doch eine gewisse Leere zeigt. Die Seitenfiguren bei beiden
Gemälden sind stark restauriert, bei dem Apostel Petrus darf man an den plastischen Petrus aus dem Chor des Kölner Domes
denken. Der Kopf des h. Paulus, der m den Umrissen ursprünghch ist, wenn auch übergangen, erinnert noch an die Gewalt
der Köpfe aus dem Kreise des spätromanischen Manierismus wie m Blankenberg und Nideggen. Die Gewandung bei diesen
älteren Bildern lst eine sehr reiche, die großen Hauptmotive, die die Körper überschneiden, sind von einer Fülle von Parallelen
und einander entgegenkommenden Faltenlmien begleitet, so daß ein reiches kalligraphisches, flächiges Bild entsteht.
Wesenthch anders, fortgeschrittener und zugleich schon in einen weichen Konventionahsmus einmündend, zeigen sich die
Malereien m der nördhchen Seitenschiffkapelle (Taf. 29, 30, 31). Hier bildet der gewaltige Christophorus noch den Ubergang
zu dem monumentalen Stil des älteren Meisters von St. Andreas. Während bei jenem noch das romanisierende reiche Parallel-
spiel lm Gefältel der Gewandung überwog, bringt der schlanke Riese die charakteristischen großen Motive der frühgotischen
Manteldraperie mit dem onduherenden Geriesel der Saumhnie, dazu die gleichmäßig das ganze Untergewand wie bei den
Sienesen deckende Damaszierung. Das Bewußtsein der größeren Zierlichkeit der Gestalten, des stärkeren Gefühlsinhaltes zeigt
die Gegenüberstellung der älteren Krönung Mariä und derselben Szene im Stirnfeld des großen Altarbildes. Bei Christus ein
hebenswürdigeres Lächeln, bei der Madonna eine stärker betonte empfindungsvolle Wendung zu dem königlichen Sohn, die
ganze Gruppe gelockerter; die vier Musikantenengel mcht so architektomsch gebunden, sondern hastig, momentan in einer
Ubergangsstellung, dadurch rhythmisch bewegter. In den m kleinerem Maßstabe gehaltenen Figuren der drei unteren Streifen
äußert sich der ausgesprochene Kanon der beginnenden Hochgotik mit der bewußten Ausschwingung der Hüfte (bei der Jung-
frau der Verkündigung und der h. Ursula), den abfallenden Schultern, den dünnen Unterarmen, dem schleppenden Fheßen
der Gewandung auf die Füße, den Treppenmotiven m dem hochgerafften Mantel, den schon ganz zur Manier gewordenen,
sich wiederholenden Zipfeln des Mantels mit den kalhgraphischen S-Formen. Gegenüber den Malereien von St. Severin wie
gegenüber denen auf den Domchorschranken sind die Kompositionen ganz flächig, die Vorgänge spielen sich fast ganz in einer
Ebene auf einer schmalen Szene ab, während bei jenen anderen Werken bis zu vier Figurenreihen hintereinander erscheinen;
dazu dort die Neigung zu enggedrängten vollgestopften Gruppen. Wenn man die Schöpfungen des älteren Meisters von St. An-
dreas zwischen die Malereien von St. Cäcilia und die Domchorschranken einfügen möchte als ältere derbe Geschwister der
Ramersdorfer Dekorationen, etwa der Stilstufe nach dem 2. Jahrzehnt des 14. Jh. angehörend, so dürftendie Werke des jüngeren
Andreasmeisters etwa gleichzeitig mit den Arbeiten der Künstler der Domchorschranken sein, dem 3. oder 4. Jahrzehnt des
14, Jh. angehörig, schon den Ubergang zu dem älteren Meister vom Clarenaltar vorbereitend, nur eben aus einem anderen
künstlerischen Empfinden heraus geboren wie jene noch wirkhche Wand- und Flächenkunst, mcht auf die Wand projizierte
Tafel- oder Glasmalerei. Uber die Beziehungen des jüngeren Meisters zu dem nordwesthchen Kunstkreise lst schon oben
S. 35 gehandelt worden.
Ein genaueres Datum für die Entstehung dieser Malereien ist vielleicht aus den Beziehungen zu den Stiftungen der m den
Kapellen befindhchen Altäre zu gewinnen. Auf der Südseite lst einer der Altäre, der Matthiasaltar, schon 1312 errichtet, die
Kapelle also damals fertig; auf der Nordseite wird der Lambertus-Ursula-Altar schon 1315 erwähnt (vgl.o.S. 155). Uber dem
letzteren befand sich das vierstreifige Wandgemälde, das m dem unteren Streifen auch die hh. Lambertus, Bischof von Lüttich,
und Ursula zusammen zeigt. Die Stiftungen der Altäre gehen auf das Geschlecht der Grafen von Hammerstein zurück, das
der Kirche St. Andreas eine ganze Reihe hoher Würdenträger geschenkt hat, vor allem den Propst Friedrich von Hammerstein
(1300—1333), der 1335 verstirbt. Auf lhn, seine älteren Brüder, den Chorbischof Albert, die Burggrafen Ludwig und Arnold
sowie seinen Vetter Phihpp dürften die Stiftungen der Altäre zurückzuführen sein, die teils aus eigenen Mitteln, teils aus der
Hinterlassenschaft des Kanomkus Thomas von Dormagen erfolgten. In dem einen der Stifter am Fuße des vierstreifigen
Altargemäldes dürfte dieser Kanonikus oder der Propst, m dem anderen einer der ritterhchen Herren von Hammerstein zu
erbhcken sein'1. Die größere Wahrscheinhchkeit spricht dafür, daß dies Bild erst nach dem Abschluß der Erweiterungsbauten
1333 entstanden lst.
Ikonographisches.
Das Thema der Krönungder Maria, das eine solche Rolle m der abendländischen Kunst des 13. und 14. Jh. spielt, wird
lm Gebiet der rhemischen Monumentalkunst zum erstenmal m den beiden Darstellungen m St. Andreas und gleichzeitig m den
Glasmalereien der Domchorkapellen angeschlagen. Das Motiv hat eine ein Jahrhundert umfassende lkonographische Entwick-
* Hierüber ausführlich F. C. Heimann, Die wiederhergestellten alten Wandgemälde in St. Andreas zu Köln: Kölner Lokalanzeiger v. 13. April 1906, Nr. 100. Die Altar-
stiftungen bei Rahtgens i. d. Kunstdenkmälern, a. a. O. S. 33.
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Gemälden sind stark restauriert, bei dem Apostel Petrus darf man an den plastischen Petrus aus dem Chor des Kölner Domes
denken. Der Kopf des h. Paulus, der m den Umrissen ursprünghch ist, wenn auch übergangen, erinnert noch an die Gewalt
der Köpfe aus dem Kreise des spätromanischen Manierismus wie m Blankenberg und Nideggen. Die Gewandung bei diesen
älteren Bildern lst eine sehr reiche, die großen Hauptmotive, die die Körper überschneiden, sind von einer Fülle von Parallelen
und einander entgegenkommenden Faltenlmien begleitet, so daß ein reiches kalligraphisches, flächiges Bild entsteht.
Wesenthch anders, fortgeschrittener und zugleich schon in einen weichen Konventionahsmus einmündend, zeigen sich die
Malereien m der nördhchen Seitenschiffkapelle (Taf. 29, 30, 31). Hier bildet der gewaltige Christophorus noch den Ubergang
zu dem monumentalen Stil des älteren Meisters von St. Andreas. Während bei jenem noch das romanisierende reiche Parallel-
spiel lm Gefältel der Gewandung überwog, bringt der schlanke Riese die charakteristischen großen Motive der frühgotischen
Manteldraperie mit dem onduherenden Geriesel der Saumhnie, dazu die gleichmäßig das ganze Untergewand wie bei den
Sienesen deckende Damaszierung. Das Bewußtsein der größeren Zierlichkeit der Gestalten, des stärkeren Gefühlsinhaltes zeigt
die Gegenüberstellung der älteren Krönung Mariä und derselben Szene im Stirnfeld des großen Altarbildes. Bei Christus ein
hebenswürdigeres Lächeln, bei der Madonna eine stärker betonte empfindungsvolle Wendung zu dem königlichen Sohn, die
ganze Gruppe gelockerter; die vier Musikantenengel mcht so architektomsch gebunden, sondern hastig, momentan in einer
Ubergangsstellung, dadurch rhythmisch bewegter. In den m kleinerem Maßstabe gehaltenen Figuren der drei unteren Streifen
äußert sich der ausgesprochene Kanon der beginnenden Hochgotik mit der bewußten Ausschwingung der Hüfte (bei der Jung-
frau der Verkündigung und der h. Ursula), den abfallenden Schultern, den dünnen Unterarmen, dem schleppenden Fheßen
der Gewandung auf die Füße, den Treppenmotiven m dem hochgerafften Mantel, den schon ganz zur Manier gewordenen,
sich wiederholenden Zipfeln des Mantels mit den kalhgraphischen S-Formen. Gegenüber den Malereien von St. Severin wie
gegenüber denen auf den Domchorschranken sind die Kompositionen ganz flächig, die Vorgänge spielen sich fast ganz in einer
Ebene auf einer schmalen Szene ab, während bei jenen anderen Werken bis zu vier Figurenreihen hintereinander erscheinen;
dazu dort die Neigung zu enggedrängten vollgestopften Gruppen. Wenn man die Schöpfungen des älteren Meisters von St. An-
dreas zwischen die Malereien von St. Cäcilia und die Domchorschranken einfügen möchte als ältere derbe Geschwister der
Ramersdorfer Dekorationen, etwa der Stilstufe nach dem 2. Jahrzehnt des 14. Jh. angehörend, so dürftendie Werke des jüngeren
Andreasmeisters etwa gleichzeitig mit den Arbeiten der Künstler der Domchorschranken sein, dem 3. oder 4. Jahrzehnt des
14, Jh. angehörig, schon den Ubergang zu dem älteren Meister vom Clarenaltar vorbereitend, nur eben aus einem anderen
künstlerischen Empfinden heraus geboren wie jene noch wirkhche Wand- und Flächenkunst, mcht auf die Wand projizierte
Tafel- oder Glasmalerei. Uber die Beziehungen des jüngeren Meisters zu dem nordwesthchen Kunstkreise lst schon oben
S. 35 gehandelt worden.
Ein genaueres Datum für die Entstehung dieser Malereien ist vielleicht aus den Beziehungen zu den Stiftungen der m den
Kapellen befindhchen Altäre zu gewinnen. Auf der Südseite lst einer der Altäre, der Matthiasaltar, schon 1312 errichtet, die
Kapelle also damals fertig; auf der Nordseite wird der Lambertus-Ursula-Altar schon 1315 erwähnt (vgl.o.S. 155). Uber dem
letzteren befand sich das vierstreifige Wandgemälde, das m dem unteren Streifen auch die hh. Lambertus, Bischof von Lüttich,
und Ursula zusammen zeigt. Die Stiftungen der Altäre gehen auf das Geschlecht der Grafen von Hammerstein zurück, das
der Kirche St. Andreas eine ganze Reihe hoher Würdenträger geschenkt hat, vor allem den Propst Friedrich von Hammerstein
(1300—1333), der 1335 verstirbt. Auf lhn, seine älteren Brüder, den Chorbischof Albert, die Burggrafen Ludwig und Arnold
sowie seinen Vetter Phihpp dürften die Stiftungen der Altäre zurückzuführen sein, die teils aus eigenen Mitteln, teils aus der
Hinterlassenschaft des Kanomkus Thomas von Dormagen erfolgten. In dem einen der Stifter am Fuße des vierstreifigen
Altargemäldes dürfte dieser Kanonikus oder der Propst, m dem anderen einer der ritterhchen Herren von Hammerstein zu
erbhcken sein'1. Die größere Wahrscheinhchkeit spricht dafür, daß dies Bild erst nach dem Abschluß der Erweiterungsbauten
1333 entstanden lst.
Ikonographisches.
Das Thema der Krönungder Maria, das eine solche Rolle m der abendländischen Kunst des 13. und 14. Jh. spielt, wird
lm Gebiet der rhemischen Monumentalkunst zum erstenmal m den beiden Darstellungen m St. Andreas und gleichzeitig m den
Glasmalereien der Domchorkapellen angeschlagen. Das Motiv hat eine ein Jahrhundert umfassende lkonographische Entwick-
* Hierüber ausführlich F. C. Heimann, Die wiederhergestellten alten Wandgemälde in St. Andreas zu Köln: Kölner Lokalanzeiger v. 13. April 1906, Nr. 100. Die Altar-
stiftungen bei Rahtgens i. d. Kunstdenkmälern, a. a. O. S. 33.
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