Die Baſilika
67
Abb. 35. Ravenna. S. Vitale. Kapitell
und Kämpfer.
nutzt, um den Umriß des Ornamentes zu
betonen, das an ſich ganz flächenhaft ge-
geben iſt. So dient es der Form des
Kapitells, die es beſtimmt. Denn das
Kapitell trägt wirklich; es ſtrebt nicht
mehr auseinander, wie das korinthiſche
oder gar deſſen römiſche Nachbildungen
mit ihrem wirren Schmuck. Feſt haftet
das Ornament am Grunde, und wenn
der ſcharfe Gegenſatz von Cicht und
Schatten den tektoniſchen Charakter des
Gebildes zerſtören zu können ſcheint,
ſo faßt die ſtrenge Begrenzung an den
Kanten kraftvoll den Flächenſchmuck zu-
ſammen. Sie iſt es, deren nach unten
weiſende Cinien zugleich die Caſt in den Säulenſchaft hineinführen. Und
auch ſie iſt überlegt geteilt. Das Ende des Bogens, der die Obermauer
trägt, ſezt nicht unmittelbar auf das Kapitell auf. Ein allmählich ſchmä-
ler werdendes Zwiſchenglied, der Kämpfer, führt ihn mitten hinein ins
Kapitell, an deſſen ſtärkſten Punkt, wo es vollkommen der Säule aufliegt.
Wie bei jedem reinen Bedürfnisbau iſt die lußenſeite nur Mantel
um das zweckgemäß geſtaltete Jnnere. Sie trägt bei der Baſilika (Abb. 36)
keinen überflüſſigen Schmuck und ſtellt den Grundriß offen zur Schau.
Das Mittelſchiff, die beiden Seitenſchiffe und die flpſis werden auch
hier vollkommen klar in ihrem Rufbau und ihrer räumlichen Cage,
und die tragende Mauer iſt formfeſt wie die tragende Säule. Die
Gliederungen der Wand ſind nicht mehr vorgelagerte Säulen wie beim
Cyſikratesdenkmal, ſondern flache, arkadenartig geführte Mauervor-
ſprünge. Wie eine empfindliche Epidermis legt ſich dieſe feine Schicht
über die Wandfläche, ſie belebend und doch in ſo geringer Erhebung
an die Wand geſchmiegt, daß ſie die raumbegrenzende Kraft der Wand-
fläche nicht hindert, ſondern verſtärkt. Der Glockenturm, der nicht zum
Verſammlungsraum gehört, ſondern zu den Wohnſtätten der Gemeinde,
die er in das Gotteshaus ruft, wird als walzenförmiges Gerüſt neben
den hauptbau geſtellt und trägt einen ſelbſtändigen Teil des archi-
tektoniſchen flusdruckes.
Erſchien im erſten nblick das Nebeneinander der Bauteile zuſammen-
hanglos und wenig ausgeglichen, ſo zeigt ſich jetzt, wie es bedingt iſt;
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Abb. 35. Ravenna. S. Vitale. Kapitell
und Kämpfer.
nutzt, um den Umriß des Ornamentes zu
betonen, das an ſich ganz flächenhaft ge-
geben iſt. So dient es der Form des
Kapitells, die es beſtimmt. Denn das
Kapitell trägt wirklich; es ſtrebt nicht
mehr auseinander, wie das korinthiſche
oder gar deſſen römiſche Nachbildungen
mit ihrem wirren Schmuck. Feſt haftet
das Ornament am Grunde, und wenn
der ſcharfe Gegenſatz von Cicht und
Schatten den tektoniſchen Charakter des
Gebildes zerſtören zu können ſcheint,
ſo faßt die ſtrenge Begrenzung an den
Kanten kraftvoll den Flächenſchmuck zu-
ſammen. Sie iſt es, deren nach unten
weiſende Cinien zugleich die Caſt in den Säulenſchaft hineinführen. Und
auch ſie iſt überlegt geteilt. Das Ende des Bogens, der die Obermauer
trägt, ſezt nicht unmittelbar auf das Kapitell auf. Ein allmählich ſchmä-
ler werdendes Zwiſchenglied, der Kämpfer, führt ihn mitten hinein ins
Kapitell, an deſſen ſtärkſten Punkt, wo es vollkommen der Säule aufliegt.
Wie bei jedem reinen Bedürfnisbau iſt die lußenſeite nur Mantel
um das zweckgemäß geſtaltete Jnnere. Sie trägt bei der Baſilika (Abb. 36)
keinen überflüſſigen Schmuck und ſtellt den Grundriß offen zur Schau.
Das Mittelſchiff, die beiden Seitenſchiffe und die flpſis werden auch
hier vollkommen klar in ihrem Rufbau und ihrer räumlichen Cage,
und die tragende Mauer iſt formfeſt wie die tragende Säule. Die
Gliederungen der Wand ſind nicht mehr vorgelagerte Säulen wie beim
Cyſikratesdenkmal, ſondern flache, arkadenartig geführte Mauervor-
ſprünge. Wie eine empfindliche Epidermis legt ſich dieſe feine Schicht
über die Wandfläche, ſie belebend und doch in ſo geringer Erhebung
an die Wand geſchmiegt, daß ſie die raumbegrenzende Kraft der Wand-
fläche nicht hindert, ſondern verſtärkt. Der Glockenturm, der nicht zum
Verſammlungsraum gehört, ſondern zu den Wohnſtätten der Gemeinde,
die er in das Gotteshaus ruft, wird als walzenförmiges Gerüſt neben
den hauptbau geſtellt und trägt einen ſelbſtändigen Teil des archi-
tektoniſchen flusdruckes.
Erſchien im erſten nblick das Nebeneinander der Bauteile zuſammen-
hanglos und wenig ausgeglichen, ſo zeigt ſich jetzt, wie es bedingt iſt;