Neapel (XIII, 8, XXI, 37) sind nicht nur zierlich, sondern ptes—i3tes Jhd.
suchen sogar aus der Simson- und Josephsgeschichte heraus-
zuholen, was irgend an Bewegung in ihnen steckt. So seltsam
alle Staffage erscheint, etwa das viel zu kleine Dromedar, oder
Wagen und Gebäude, so kühn erzählt ist doch die Potiphar-
Geschichte oder Simson und Delila. Hier gestaltet eigene
Phantasie die überkommenen Themen. Daß das bewußt ge-
schieht, wird dadurch bewiesen, daß jetzt zum erstenmal die
Künstlernamen genannt werden. Der nordische Mönch war
viel zu hingegeben, viel zu demütig in Gott, um sich seines
Werkes zu rühmen. Aber von der nicht einmal besonders
guten Bronzetür am Dom von Monreale (I, 19, 20, III, 11,
IV, 26) kennen wir den Namen des Bonannus als ihren
Schöpfer, der Bildner der alttestamentarischen Reliefs am
Dom von Modena (I, 18, II, 36, III, 10, IV, 25) ist ein
Meister Wiligelmus, der Skulpturen in Borgo S. Donino
(XXVI, 16, XXXII, 15) und am Baptisterium in Parma
(XXXI, 1, XXXIII, 66) der Benedetto Antelami. Bloßer
Architekturschmuck (I, 17) bleibt natürlich anonym, wie auch
die derben Prophetenfiguren in Cremona (XXXIII, 39—42)
und die Reliefs (II, 37) dort ebenso wenig bezeichnet sind wie
die Bronzetür an S. Zeno in Verona (II, 38, III, 15, IV, 27,
VIII, 1, IX, 30, XVII, 11, XIX, 112, 128). Die Künstler-
inschrift bleibt also noch eine Kühnheit, aber daß sie über-
haupt gewagt wird, ist höchst charakteristisch.
Der romanische Stil ist also nur gebunden, aber keineswegs
formenarm. Im Gegenteil ist in der Fläche ebenso viel Aus-
druck möglich wie im Raum, nur daß es ein Ausdruck an-
derer, linearer Art ist. Eine neue Variante bedeutet England,
das politisch wie künstlerisch eng mit der Normandie ver-
knüpft ist. Die Themen seiner geschriebenen Bücher sind
durchaus die üblichen und damit auch die Themen der Mini-
aturen. Vor allem war der Psalter beliebt (XXVIII, 5, 6).
Natürlich ist die Zeichnung linear und man verzichtet in Eng-
land sogar häufig auf die Kolorierung mit Deckfarben. Aber
die Linien zittern vor verhaltener Erregung und die Dar-
stellung an sich ist viel uninteressanter, als das Temperament
dieses angelsächsischen Stiles. Offenbar stammt er von dem
karolingischen Mer Reimser Schule ab, die den Utrecht-Psalter
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suchen sogar aus der Simson- und Josephsgeschichte heraus-
zuholen, was irgend an Bewegung in ihnen steckt. So seltsam
alle Staffage erscheint, etwa das viel zu kleine Dromedar, oder
Wagen und Gebäude, so kühn erzählt ist doch die Potiphar-
Geschichte oder Simson und Delila. Hier gestaltet eigene
Phantasie die überkommenen Themen. Daß das bewußt ge-
schieht, wird dadurch bewiesen, daß jetzt zum erstenmal die
Künstlernamen genannt werden. Der nordische Mönch war
viel zu hingegeben, viel zu demütig in Gott, um sich seines
Werkes zu rühmen. Aber von der nicht einmal besonders
guten Bronzetür am Dom von Monreale (I, 19, 20, III, 11,
IV, 26) kennen wir den Namen des Bonannus als ihren
Schöpfer, der Bildner der alttestamentarischen Reliefs am
Dom von Modena (I, 18, II, 36, III, 10, IV, 25) ist ein
Meister Wiligelmus, der Skulpturen in Borgo S. Donino
(XXVI, 16, XXXII, 15) und am Baptisterium in Parma
(XXXI, 1, XXXIII, 66) der Benedetto Antelami. Bloßer
Architekturschmuck (I, 17) bleibt natürlich anonym, wie auch
die derben Prophetenfiguren in Cremona (XXXIII, 39—42)
und die Reliefs (II, 37) dort ebenso wenig bezeichnet sind wie
die Bronzetür an S. Zeno in Verona (II, 38, III, 15, IV, 27,
VIII, 1, IX, 30, XVII, 11, XIX, 112, 128). Die Künstler-
inschrift bleibt also noch eine Kühnheit, aber daß sie über-
haupt gewagt wird, ist höchst charakteristisch.
Der romanische Stil ist also nur gebunden, aber keineswegs
formenarm. Im Gegenteil ist in der Fläche ebenso viel Aus-
druck möglich wie im Raum, nur daß es ein Ausdruck an-
derer, linearer Art ist. Eine neue Variante bedeutet England,
das politisch wie künstlerisch eng mit der Normandie ver-
knüpft ist. Die Themen seiner geschriebenen Bücher sind
durchaus die üblichen und damit auch die Themen der Mini-
aturen. Vor allem war der Psalter beliebt (XXVIII, 5, 6).
Natürlich ist die Zeichnung linear und man verzichtet in Eng-
land sogar häufig auf die Kolorierung mit Deckfarben. Aber
die Linien zittern vor verhaltener Erregung und die Dar-
stellung an sich ist viel uninteressanter, als das Temperament
dieses angelsächsischen Stiles. Offenbar stammt er von dem
karolingischen Mer Reimser Schule ab, die den Utrecht-Psalter
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