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Comenius, Johann Amos; Bötticher, Wilhelm [Übers.]
Die Schule als Spiel — Langensalza, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.16743#0110

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Der Sprcichcnpforte dramatische Darstellung. Teil II.

Plato: Der Mensch ist in dieser sichtbaren Welt gleichsam die
sichtbare Gottheit (denn ihm hat der Schöpfer alles unterthan gemacht),
nnd darum hat er scine Lust daran, als Herrscher über alles, alles
zu gcnießen, alles zu lenken und alles nach seinem Belieben so oder
anders zu gestalten. Aber er wird nicmals anderes recht rcgieren
können, wenn er sich nicht erst selbst recht regieren kann. Denn recht
regiert nur der Rechtc. Sich selbst aber kann er nicht recht regieren,
wenn er sich nicht recht kennt, weil die Leitung einer unbekannten
Sache unmöglich ist. Nnd er kann sich nicht selbst erkennen, wenn er
sich nicht klar macht, aus welchen Teilen er besteht und wie jene
Teile znsammenhängcn uud durch welche Kraft sie zur Hervorbringung
solcher und solcher Wirkungen vereinigt werden. Er wird sich dies
aber nur klar machen könncn durch genaue Zergliedernng sciner sclbst,
wie wir sie jetzt mit Gottes Hilfe in Rncksicht anf Leib und Scele
durchgeführt haben.

Erat.: Das ist weise gesprochen, Plato, wie alles. Denn erst
der, welcher sich selbst rccht kennt, kann sich auch selbst gebrauchcn
wie cr soll und sich selbst weise lenken nach Leib und Seele.

Apoll.: Daher glaubten die Alten, ihr o«uroi/ (Erkenne

dich sclbst) wäre vom Himmel gekommen, und schrieben es mit
goldenen Bnchstabcn auf den Tenipel zu Delphi. Jedoch derer, die
dicscs goldcne Wort anführcn, sind mehr als die es verstchen, einst
und jetzt.

Plin.: So ist cs, bei meiner Treu! Viele kennen vieles, kaum
einer sich sclbst. Denn, obgleich sie sich zu kennen glauben, zeigen sie
sich doch wahrer Selbsterkenntnis bar, indem sie sich selbst unver-
ständig gebrauchen und sich selbst unverständig regieren. Wer sich
selbst nach Leib und Seele kennt, die göttliche Kunst seines Baues,
dcr kann scin Arzt, König, Lehrer und alles sein, weil er alles in
sich hat, was Himmcl, Erde nnd Meer haben; denn er ist als Jn-
bcgriff von allem geschaffen.

Plato: Höher hinauf, mein Plinius! Auch Ähnlichkeit mit
Gott findet in sich jcder, der sich selbst recht erkennt. Denn zum
Bilde Gottes ist er geschafscn. Einc Fülle göttlicher Allwissenheit *),
göttlichcr Allmacht und göttlicher Seligkeit findet in sich jeder, der
sich selbst recht erkennt, da er durch folgende drei Eigenschaften des
uncndlichcn cwigen Gottes gekcnnzeichnet ist: Daß uns nämlich cin
Verstand von uncndlicher Anfnahmefähigkeit gegeben ist, ersehen wir
ans nnserem Vcrmögen, ohne Ende hinzuzulernen, ob anch jemand
tausend odcr tausendmaltauscnd Jahre lebte. Jener Abgrund des
Verstandes nnd dcr Anschanung kann nur durch einen ewigen Jnhalt

^) ownisoisiitias plsnituäinsm.
 
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