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Compte rendu de la Commission Impériale Archéologique: pour l'année ..: Pour l'année 1872 — 1875

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Stephani, Ludolf: Erklärung einiger im Jahre 1871 im südlichenn Russland gefundener Kunstwerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.11859#0126
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sein kann, sondera dass Beide, der Dichter und der Maler, aus einem dritten Werke
als gemeinsamer Quelle schopften. Wo dièse aber zu suchen ist, lehren doch wohl
aile ûbrigen Umstânde in handgreifiicher Weise.

In Betreff der Nebenpersonen haben sien Beide, wenngleich aus verschie-
denen Grûnden, grossere Freiheit genommen. Wohl mag bei Ovid auch der Um-
stand Etwas hierzu mit beigetragen haben, dass er, wenn er aile Figuren der Com-
position des Pheidias mit gleicher Ausfûhrlichkeit hatte beschreiben wollen, wie die
beiden Haupt-Personen, eine weit grossere Anzahl von Versen nothig gehabt hatte,
als der Plan seines Gedichts erlaubte. Den Haupt-Grund jedoch werden wir
ohne Zweifel darin zu suchen haben, dass der Dichter, der die in Eede stehenden
Verse erst eine Reihe von Jahren nach seiner Abreise von Athen schrieb, zwar die
beiden Haupt-Personen nebst deren Zubehor in Folge des gewaltigen Eindrucks,
welchen sie auf ihn gemacht hatten, noch genau in einem treuen Gedâchtniss be-
wahrte, dass er jedoch von den ûbrigen nur noch eine allgemeine, blos das Wesent-
liche betreffende Vorstellung gegenwârtig hatte.

Er hat daher aus der Mittel-Gruppe die Schlange, Nike mit ihrem Gespann,
Erechtheus, Aniphitrite und deren Begleiterin als unwesentlich ganz ûbergangen.
Von den beiden Neben-Gruppen jedoch wusste er noch sehr wohl, dass sie die
urtheilenden Gottheiten enthielten; dass dièse in gleicher Zahl auf beide Seiten
der Haupt-Gruppe vertheilt waren1; dass sie in majestâtischer Buhe, jedoch
nicht in aufrechter Stellung dargestellt waren und ihr Urtheil nur durch bewun-
dernde Aufmerksamkeit zu erkennen gaben. Die Namen der einzelnen Personen
hingegen wusste er nicht mehr, wenn er sie ûberhaupt frûher gewusst hatte, und
bezeichnete sie daher gemâss einer verbreiteten Volksvorstellung im AUgemeinen als
die Zwolf-Gotter, unter denen er Zeus besonders hervorhebt. Ausserdem aber weicht
er von Pheidias nur darin ab, dass er dièse Gottheiten auf Sesseln sitzend denkt.

1 Die Zahl selbst freilich kann auch nur zu-
fallig-, in Folge der Bezeichnung als Zwolf-Grôtter,
mit den im Parthenon-Giebel wirklich vorhande-
nen Personen zusammentreffen Wenn aber Ovid
den Jupiter als „medius" bezeichnet, so ist diè-
ses Wort, wie unzâhlige andere, z. B. „nudus"

(siehe Compte-rendu de la comm. arch. pour Tann.
1870. p. 113.), nicht im strengen Sinne aufzu-
fassen^ sondern bedeutet nur: „nach der Mitte
Mn". Unter zwolf Personen giebt es ûberhaupt
keinen „medius" in strengem Sinn.

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