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Curtius, Ernst
Olympia: ein Vortrag im wissenschaftlichen Verein zu Berlin — Berlin, 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.4304#0031
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- 30 —

ihr wurde das Opfer des Danks dargebracht und an das
Opfer schloss sich das Mahl der Freude. Für diese Feier
galt es den schönsten Schmuck zu suchen in dem Liede
eines gefeierten Sängers, welches den Zug begleitete oder
beim Mahle gesungen wurde. Glücklich wer einen Pin-
dar gewinnen konnte, denn er ahnte wohl, dass dadurch
sein Ruhm der Unsterblichkeit übergeben sei! Das Lied
wurde bei Zeiten bestellt, damit der Dichter es nach der
Geschichte des Siegers und seines Geschlechts einrichten,
damit es von einem Chore der Vaterstadt erlernt und
eingeübt werden konnte. Entweder übernahm dies der
Dichter selbst oder er sandte seinen Chormeister, „der
Musen Briefstab", der des Dichters Worte überbrachte
und in seinem Sinne den Vortrag derselben, die rythmi-
schen Weisen, die Begleitung von Musik und Tanz an-
ordnete. Man denke sich aber die Hymnen Pindars nicht
wie Vergötterungen sterblicher Menschen, wie Huldigun-
gen einer pomphaften Schmeichelei! Ein hoher Ernst
geht durch seine Lieder; wie ein Prophet tritt er zu den
Grossen der Erde, mit demüthigender Strenge erinnert
er sie, dass „der Mensch des Tages Kind sei, eines
Schattens Traumbild; nur in den von Gott verliehenen
Strahlen erhalte sich des Lebens Glanz." Das Siegesglück
soll nicht im Taumel genossen, es soll als Gottes Gabe
erkannt, es soll mit Würde getragen, es soll wie ein
Segen in das ganze Leben verwebt werden; den Ge-
beugten soll es aufrichten, den von Thatendurst gequäl-
ten Herrscher, wie Hieron von Syracus, soll es ruhig
und zufrieden machen. In den Liedern Pindars findet
der olympische Sieg seine höchste Weihe und Verklärung;
sie wurden von Theben aus wie ein goldener Saame ech-
ter Weisheit, Kunst und Gottesfurcht ausgestreut in alles
hellenische Land. Sie gingen zu Lande nach Thessalien,
sie zogen zu Schifte nach Asien und Afrika, sie wurden
an den Höfen von Cyrene und Syracus gesungen, sie
 
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