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Curtius, Ernst
Olympia: ein Vortrag im wissenschaftlichen Verein zu Berlin — Berlin, 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.4304#0033
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— 32 —

seeischen Pflanzstädten wurde zerrissen; der Wohlstand
sank, die Vornehmen blieben zurück; zornige Herren
drohten ihren Sklaven sie nach Olympia zu schicken.

Aeusserlich war der Verfall nicht so rasch. Als die
Römer aufhörten den Griechen Barbaren zu sein, suchte
die Eitelkeit ihrer Kaiser den erloschenen Glanz zu bele-
ben. Noch vierhundert Jahre nach Christi Geburt dauerte
das Fest, zweihundert und drei und neunzig Olympiaden
sind in der Altis aufgezeichnet worden, und nachdem
deutsche Völker den Hain des Zeus verwüstet hatten,
musste Justinianus die von Neuem aufkommenden Spiele
Olympia's gewaltsam unterdrücken.

Der Verfall des Heiligthums ist durch den Alpheios
beschleunigt worden. Denn seit er nicht mehr durch
Dämme gebändigt wird, hat er bei jedem Hochwasser
seine Fluth über den Boden der Altis gewälzt und die
wankenden Säulen umgerissen. Aber er hat nicht bloss
zerstört, er ist auch im Mittelalter ein treuer Altishüter
geblieben, er hat die niedergeworfenen Schätze der alten
Kunst unter seiner Schlammdecke versteckt und an alter
Stelle aufbewahrt. Darum hat der erwachte Sinn für
griechische Kunst, darum hat Winkelmann vor Allen
sich mit Recht gesehnt, diese Decke zu lüften. Sechzig
Jahre nach seinem Tode war es die wissenschaftliche
Commission des französischen Befreiungsheeres, welche
seinen Gedanken ausführte. Zwei Gräben wurden an den
schmalen Seiten des Zeustempels gezogen und in kür-
zester Zeit grub man aus der Tiefe eine Reihe von Bild-
werken; es waren die Zwölfkämpfe des Herakles, wie sie
Pausanias besehrieben hat. Ehe man noch den ganzen
Tempel von Schutt gesäubert hatte, wurden plötzlich
alle Grabungen eingestellt; man hörte auf zu suchen,
ehe man zu finden aufgehört hatte. Von Neuem wälzt
der Alpheios Kies und Schlamm über den heiligen Boden
der Kunst und wir fragen mit gesteigertem Verlangen:
 
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