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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0086
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68

Eingangsthor zum Stadion (Tafel XLVIII).

teten Thonrohrleitung von 19 cm Lichtweite, deren
horizontaler Schenkel in einer gemauerten Bettung ruht.
Der steigende Schenkel neben der Nordwand der Echo-
halle zeigt eine starke Ummantelung zur Sicherung der
Röhren, und mündet (Taf. XLVI, 5b) in die erwähnte
nach Süden gerichtete Porosrinne. Ausfallenderweise ist
die Ausmündungsstelle nachträglich wieder verrammelt
worden. Ausser der Thonrohrleitung bemerkt man
noch Spuren einer anderen kleineren Leitung, für die
an der weltlichen Stirnwand des Tunnels eine ssache
rinnenförmige Einarbeitung vorhanden ist. Unterhalb
derselben ist die vorderste der hohen Sockelquadern
(Orthostaten) an ihrem vor die Gewölbeflucht vortreten-
den Ende abgearbeitet1), offenbar zu dem Zwecke, für
diese Leitung als Bettung zu dienen; denn man erkennt
noch deutlich die bogenförmige Überführung des
liegenden in den steigenden Schenkel. Die Einarbeitung
für den fallenden Ast ist, nahe derjenigen für das grosse
Dükerrohr an der Nordwestecke des Tunnels, gleich-
falls noch erhalten. — Die Höhenlage nun beider Lei-
tungen, welche mit der Oberkante der Bank zusammen-
trifft, lässt keinen Zweifel, dass üe einer Zeit angehören,
in welcher der Fussboden bereits so hoch lag, dass von
der Bank nichts mehr zu sehen war. Im Tunnel selber
geben die Orthostaten der südlichen Widerlagsmauer,
welche ebenfalls erst in dieser Höhe beginnen, ausserhalb
desselben die bereits auf Schutt fundamentierten Bathren
der Südseite, im Stadion endlich das Kalkstein-Bathron in
der Mitte der Westseite, welches 45 cm höher liegt als
die Wasserleitungen und Ablaufschwellen, eine deutliche
Marke für die allgemeine Erhöhung des Fussbodens.
Die Ablaufschranken und Wasserleitungen der Bahn
können damals nicht mehr sichtbar gewesen und mussen
durch andere Einrichtungen ersetzt worden sein, die Zeit
oder Menschenhand zerstört haben.

Am weltlichen Ende, in der Gasse zwischen der
Echohalle und der Schatzhäuserterrasse, entstand um
jene Zeit jener schmale (Taf. XLVIII) durch Gitter- und
Steinsehranken verschlossene Säulenvorbau, welcher den
Eingang zum Tunnel verdeckte. Seine Schwelle liegt so
hoch, dass er keinesfalls entstanden sein kann, als __
vergl. die Gegenüberstellung Taf. XLVI, 5a und 5b — im
Durchgange nach dem Stadion noch das alte niedrige
Niveau vorhanden war. Der Bau dieser Abschlusswand
hatte neben seiner Bestimmung als Schmuckanlage auch
noch eine praktische Bedeutung, er schloss nämlich die
schon vom Metroon her sehr stark abfallende Gasse
nach dem Stadion, durch welche bei starken Regengüssen
fast die gesamten Abwässer der Nordostecke der Altis mit
den Sand- und Schlammmassen, die sie mit sich führten,
dem Stadion zugeleitet wurden. Dies hatte freilich zur
Folge, dass sich nun unmittelbar vor jener Wand
selber das Terrain anhöhte. So finden wir denn auch,
dass die links und rechts vom mittleren Durchgange
aufgestellten beiden letzten Zanes-Standbilder (Paus. V,
XXI, 15), die der 226. Olympiade, also etwa dem Jahre
125 nach Christo, angehören, schon höher liegen als
die Schwelle des Thores. Damit gewinnen wir für
diesen Bau einen terminus ante quem. Das Thor wird
demnach, wenn man einen jener Höhendifferenz un-
gefähr entsprechenden Zeitunterschied in Anschlag bringt,
nicht später als in das erste Jahrhundert nach Christo,
wahrscheinlich aber noch in das letzte Jahrhundert vor
unserer Zeitrechnung zu setzen sein. In derselben Zeit,
oder eher etwas früher, wird denn auch die gewölbte
Tunnelanlage entstanderf sein, die wieder erst zur Not-
wendigkeit wurde, als man sich, vielleicht in Folge der
Anhöhung des Fussbodens im Stadion selber, zu einer
Aufschüttung2) und weit über das ursprüngliche Mass
hinausgehenden Erhöhung der Wälle entschlossen hatte.

XIII. Eingangsthor zum Stadion.
Tafel XLVIII.
Erläutert von R. Borrmann.

Das Eingangsthor zum Stadion ist eigentlich
kein selbständiges Bauwerk, sondern nur als ein architek-
tonisch ausgebildeter Wandabschluss der Gasse zwischen
der Echohalle und der Schatzhäuserterrasse zu betrachten.

l) Man könnte sich verslicht fühlen, die iüdliche Wider-
lagswand wegen dieser mit der Anlage der Wasserleitung zu-
sammenhängenden Verkürzung, die gewiss vor Vollendung des
Gewölbes vorgenommen war, und mit Rücksicht auf ihre im
Gegensatze zur Nordwand ungemein sorgfältige Konstruktion,
für älter als jene und als das Gewölbe anzusehen, wenn nicht
die Höhenlage der Orthostaten und die in den Längenmassen
der Steine, ihrer ßefestigung durch Klammern und Dübel
hervortretende Übereinstimmung mit dem Gewölbe für die
Gleichzeitigkeit beider spräche.

Über die Bedeutung und Zeitstellung der Anlage ist
schon am Schlusse des vorigen Kapitels über das Stadion
gehandelt.
Die Anlage besteht aus einer korinthischen Säulen-
stellung von drei Interkolumnien, deren mittelstes als
Durchgang nach dem gewölbten Tunnel des Stadions
geöffnet blieb, während die beiden seitlichen durch
feste Schranken abgeschlossen waren. Der Grundriis
(Tafel XLVIII) giebt den Zustand der Erhaltung wieder.
Das Material des Monuments ist Muschelkalk für das

2) Über die unter dieser Aufschüttung gefundenen
Bronzen vergl. Furtwängler: Bd. IV S. 6 r., S. 163 r. u. und
S. 164 1.
 
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