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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0091
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Der Südostbau (Tafel LH — LIV).

73

XV. Der Südostbau.
Tafel LH —LIV.
Erläutert von W. Dörpfeld.

a. Erklärung der Tafeln.
Tafel LH enthält einen Grundriss und einen Längen-
schnitt des Gebäudes in seinem jetzigen Zustande. In
beiden Zeichnungen ist der aus griechischerZeit flammende
Bau und der spätere römische Umbau in der Weise
unterschieden, dass die älteren Mauern dunkel, die
jüngeren heller gezeichnet sind. Im Grundriss sind die
griechischen Mauern, welche alle aus Porosquadern be-
liehen, als solche besonders gekennzeichnet, die römi-
schen haben eine helle gleichmässige Schraffierung
erhalten. Das römische Gebäude hat eine beträchtlich
grössere Ausdehnung als der griechische Bau und konnte
daher auf unserem Plane nur zum kleinsten Teile ge-
zeichnet werden. Sein Grundriss wird deshalb weiter
unten als besondere Abbildung (Figur 36) mitgeteilt.
Ergänzte Aufrisse des griechischen Baues giebt
Tafel LIII. Links ist eine Ansicht der nördlichen Giebel-
seite und rechts ein Stück der weltlichen Traufseite ab-
gebildet. Mit Ausnahme des Höhenmasses der Säulen
sind sämtliche Grundlagen dieser Ergänzungen gesichert.
Ob die Giebelecken mit Akroterien ausgestattet waren,
ist nicht bekannt.
Tafel LIV giebt eine Zusammenstellung der Gebälk-
stücke und der Kapitelle im Massstabe 1:10 und mehrerer
Gliederungen mit ihren Ornamenten in natürlicher Grösse;
auch die Schnittlinie des Säulenkapitells, von dem kein
ganzes Stück, sondern nur einzelne Fragmente gefunden
sind, wurde, aus drei Stücken zusammengesetzt, in natür-
licher Grösse abgebildet. Die genaue Form der Ringe
musste dabei ungewiss bleiben.
b. Baubeschreibung.
Eine Beschreibung des griechischen Baues und des
später über demselben errichteten römischen Wohn-
hauses ist auf Seite 46 des IV. Bandes der »Ausgrabungen«
verösfentlicht. Mit Ausnahme des Namens Leonidaion,
welchen wir damals noch dem Südostbau geben zu
mussen glaubten, sind die dort gemachten Angaben in
allen wesentlichen Punkten richtig. Zur Ergänzung
scheinen mir noch folgende Bemerkungen- notwendig
zu sein.
Wir haben dabei zu unterscheiden zwischen dem
griechischen Bau, dessen Grundriss zwar bekannt, dessen
Bestimmung aber gänzlich dunkel ist, und dem römischen,
welcher den gewöhnlichen Grundplan der römischen
Wohnhäuser besitzt und daher gewiss auch zu Wohn-
zwecken gedient hat. Der ältere Grundriss besteht
aus vier nebeneinander liegenden quadratischen Räumen,
welche auf drei Seiten von Säulenhallen umgeben waren.

Die aus regelmässigen Porosquadern erbauten Fundamente
und Stylobate dieser Wände und Säulenstellungen sind
noch vorhanden. Auf zwei Stufen erhoben sich einst im
Norden und Süden je acht, im Westen neunzehn Säulen
dorischen Stils; die Ostseite wurde von den vier Ge-
mächern eingenommen, nur an ihren beiden Enden war
noch je ein Durchgang angeordnet, welcher von der
Ecksäule und einer Ante eingefasst war. Ob die Ge-
mächer rings von geschlolsenen Wänden umgeben waren,
oder ob einige der erhaltenen Umfassungsmauern frei-
stehende Stützen getragen haben, für welche die Mauer-
stärke allerdings an einigen Stellen vollkommen ausreicht,
hat nicht ermittelt werden können. Ebensowenig ist es
uns gelungen, mit Sicherheit festzustellen, ob sich der
Bau nach Osten noch weiter ausdehnte und mit den
unter dem römischen Peristyl aufgedeckten Mauern in
direktem Zusammenhang gestanden hat. Jetzt besteht
keine unmittelbare Verbindung der Mauern, und bei
dem grossen Höhenunterschiede der Fussböden ist ihr
ehemaliges Vorhandensein auch sehr unwahrscheinlich.
Gebäude von dieser Grundrissform sind in der
griechischen Baugeschichte höchst seiten. Das beste Bei-
spiel eines solchen finde ich in demjenigen Gebäude des
Asklepieion zu Athen, welches ebenfalls aus vier neben
einander liegenden Gemächern und einer gemeinsamen
Vorhalle besteht. Hier dienten die Zimmer vermutlich
als Wohnräume für die Kranken und vielleicht auch
für die Priesterschaft; in Olympia einen gleichen Zweck
anzunehmen, sind wir nicht berechtigt.
Obwohl der griechische Bau so vollständig zerstört
worden ist, dass über dem Stylobat kein Stein mehr an
seiner alten Stelle blieb, haben wir doch den ganzen
Oberbau in der Zeichnung zu ergänzen vermocht und
zwar nicht nur in seinen allgemeinen Umrilsen, sondern
sogar in allen Einzelheiten; selbst die Bemalung der
Bauglieder hat so vollständig wiedergegeben werden
können, wie es nur bei wenigen antiken Bauten der
Fall ist. Der Grund hierfür liegt darin, dass die noch
vollkommen bemalten Bauglieder in frührömischer Zeit
zerschlagen und unter Anwendung von Kalkmörtel zu
Mauern aus opus incertum verbaut worden sind. Durch
den Kalk gegen die Luft abgeschlossen, haben sich die
Farben ganz frisch erhalten. Proben der farbigen Or-
namente werden im II. Bande gegeben werden; hier mag
eine kurze Zusammenstellung derjenigen Bauteile folgen,
welche bemalt waren:
1. Am ansteigenden Giebelgeison ist das untere Kyma
mit blauen Blättern und roten Spitzen auf gelbem Grunde
bemalt; die über dem Kyma befindliche kleine Hohl-
kehle zeigt ein buntes Band, das gleichsam aus kleinen
Triglyphen und Metopen zusammengesetzt ist.
 
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