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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0146
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128

Philippeion (Tafel LXXIX — LXXXII).

von etwa 5 m, als Verstärkung noch eine fünfte (s. Ab-
bildung 2 und 3 der Tafel).
Von den Säulen slehen in dem aufgedeckten Teile
der Halle nur wenige Stümpfe noch aufrecht; von einigen
Schäften fanden sich die unteren Trommeln neben ihren
Grundsleinen, viele waren verschleppt. Ein Teil von
ihnen ist gefurcht, andere sind glatt; und zwar zeigt
jede der Säulenreihen beide Arten, ohne dass eine Regel
in ihrem Wechsel erkennbar wäre. Aus der Verschieden-
heit kann daher auf eine übereilte Ausführung des Bau-
werks, nach der die beabsichtigte, nachträgliche Furchung
der glatt versetzten Schäfte unterblieb, oder auf eine
spätere, etwa nach der Beschädigung durch ein Erdbeben
erfolgte flüchtige Ausbesserung geschlossen werden. Nach
den Fundumständen ist es wahrscheinlich, dass ursprüng-
lich die äussere Reihe glatte, die innere gefurchte Schäfte
hatte oder erhalten sollte.
Jede Säule hat ihr besonderes, aus zwei Poros-
quadern beslehendes Fundament, mit dem sie durch einen
Holzdübel von quadratischer Grundfläche verbunden war.
Die Durchmesser der Säulen weichen um ein Weniges
voneinander ab. Im Durchschnitt ergiebt lkh sür die
Aussenslützen 0,53m, für die inneren 0,55m in der Fuss-
ssäche. Die Säulenhöhe war nicht zu ermitteln, da an-
einander passende Schaftstücke fehlen; sie isl auf 3,55 bis
3,65 m zu schätzen. Die Säulenkapitelle haben die späte,
hellenislische Form mit geringer Höhe und niedrigem, fasl
geradlinigem Echinusprofil. In der Gesamtform einander
ähnlich, sind die der glatten Säulen von denen der ge-
furchten in den Massen und Einzelheiten, wie die Ab-
bildungen 4 und 5 der Tafel zeigen, verschieden.
Epistyl- und Gesimsslücke sind nicht gefunden worden.
Dieser Umsland, sowie das im Verhältnis zum Säulen-
durchmesser sehr bedeutende Mass der Achsweiten be-
weisen, dass das Gebälk aus Holz besland.
Die inneren Wandflächen waren geputzt. Resle des
Überzuges fanden sich an mehreren Stellen der Hinter-
wand und zeigten Spuren einer roten Bemalung.
Im Fusse der drei südlichslen Säulen und in der
Oberfläche ihrer Untersleine finden sich, in der aus dem
Grundriss ersichtlichen Anordnung, Ausklinkungen, und
der dritten Säule östlich und westlich gegenüber je ein
Loch von rechteckigem Querschnitt in der untersten

Wandquader. Beides scheint zur Aufnahme der End-
zapfen von Schwellhölzern gedient zu haben, die wohl
teils einen hölzernen Fussboden trugen, teils zur Be-
festigung der Ablauf- und Zielschranken dienten. Stücke
dieser Schranken wurden dicht bei der Halle gefunden
Sie waren als solche erkennbar durch ihre Ähnlichkeit
mit den Schrankensteinen des Stadion. Wie diese haben
sie an der Oberfläche zwei Längsrillen von ungleich zwei-
seitigem Querschnitt, deren Abstand voneinander ^enau
demjenigen der Stadionschwellen gleich ist. Die Gesamt-
breite der letzteren ist etwas grösser als die der Hallen-
steine; und während jene aus Kalkstein aufs sauberste
gearbeitet sind, bestehen diese aus mit Putz überzogenem
Porös. Die zwei besterhaltenen Stücke sind in Ab-
bildung 6 und 7 der Tafel dargestellt. Sie haben auf
einer Seite — der eine von ihnen auf beiden — Zapfen-
löcher, die den oben erwähnten ähnlich sind. Sicherlich
lagen die Schwellen, am Ende jenes Holzfussbodens
bei der dritten Säule; denn die Entfernung von dieser
bis zu der entsprechenden an dem vermutlich ähnlich
eingerichteten Nordende beträgt fast genau ein Stadion.
Der Fussboden der Laufbahn selbst wird aus lockerer
Erde bestanden haben. Er ist nach Westen hin durch
eine hochkantig gestellte Steinseh welle begrenzt, welche
sich längs der Säulenuntersteine hinzieht und gegen ein
Ausweichen nach aussen durch die breite, mit Schöpf-
becken in Abständen von rund 9 m versehene Wasser-
leitung geliehen ist.
Die Art, in der diese Leitung um den südlich an
die Halle stossenden Thorbau geführt ist, lässt deutlich
erkennen, dass der letztere später erbaut wurde, als die
erstere. Und der Zustand des letzten Steines der Hallen-
leitung macht es wahrscheinlich, dass diese Leitung sich
einst nach Süden hin fortsetzte, um ihr Wasser einerseits
der Südhalle des Gymnasion, andererseits der Haupt-
leitung der Palästra zuzuführen.
Beide Gymnasionhallen scheinen zu gleicher Zeit
erbaut zu sein. Aus den für die Südhalle oben ange-
führten technischen Gründen und nach den Kunstformen
zu schliessen sind sie etwas jünger als die Palästra und
dürften demnach dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert
zuzuschreiben sein.

XXIV. Philippeion.
Tafel LXXIX—LXXXII.
Erläutert von Friedrich Adler.

Unter den vier Rundbauten, welche die Ausgrabungen
geliefert haben, dem Philippeion, dem Heroon nördlich
von der Werkstatt des Pheidias und den beiden kleinen
offenen Tempeln vor der Exedra des Herodes Atticus
ist das erstere nach seiner Lage, Grösse, Bauart und

geschichtlichen Bedeutung der wichtigste. Pausanias (V. I.
20, 9 und 10) widmet dem hervorragenden Denkmale nur
wenige Worte. Indem er seine Lage bei dem Ausgange
am Prytaneion anführt, setzt er hinzu, es sei ein kreis-
förmiger von Säulen umstandener Backsteinbau, dessen
 
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