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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0228
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210

Der grosse Altar des Zeus in der Altis (Tafel CXXXII).

zwar in der Südecke dieses heiligen Bezirkes. Von den
Weihgeschenken, welche Pausanias mit Angabe des
Standplatzes und ihrer Masse anführt, sind einige ver-
suchsweise wiedergegeben worden. Andere konnten
ihren Platz und ihre angenäherte Grösse auf Grund
der gefundenen Basen erhalten. Zu den letzteren ge-
hören die Nike des Paionios, der Päoner-König Dro-
pion, eine Gruppe des Mikythos, die Frauen von Elis,
der Stier des Philesios, das Reiterbild des Mummius
u. a. Von den ersteren wurde der kolossale Zeus der
Eleer, der kleinere der Arkader, die Säule des Oino-
maos unter ihrem viersäuligen Schutzdache u. a. ge-
zeichnet und zwar aus künstlerischen Gründen mög-
liche frei und locker gestellt, damit jede Überfüllung

vermieden würde. Dieselbe Erwägung zwang auch zu
einer durchgreifenden Verminderung des Baumschlages,
welcher bei gedrängter Stellung der alten Baumriesen
und bei voller Entfaltung ihrer Kronen sowohl den
Zeustempel wie auch die anderen Bauten teils gedeckt,
teils in der Wirkung geschädigt haben würde. Da-
gegen musste im Gegensatze zu den ersten drei Tafeln
dieler perspektivischen Rekonstruktionen mit ihrer ab-
sichtlich bescheiden gehaltenen Stasfage für die letzte
eine Ausnahme gemacht werden, galt es doch, von dem
feierlichen Opferbetriebe an dem ältesten und grössten
Altare der Altis dicht neben ihrem späteren baulichen
Centrum — dem Zeustempel — eine angenäherte Vor-
stellung zu geben.

XL. Der grosse Altar des Zeus in der Altis.

Erläutert von Friedrich Adler.

Zur Darstellung des auf Tafel CXXXII neben dem
Zeustempel erscheinenden grossen Aschenaltares des
Zeus war seine geometrische Rekonstruktion im Grund-
und Aufrisse unerlässlich. Die wenigen Reste eines um-
fangreichen Fundamentes (98 mittelgrosse Bruchsteine
von Porös, Breccia, Kalkstein, Mergelkalk und Sand-
stein), welche auf sieben Stellen verteilt halbwegs
zwischen der Nordostecke des Zeustempels und der
Südwestecke des Metroon aufgetaucht waren, boten
ausser dem alten Standplatze, den sie wegen ihrer auf-
fallenden Tief läge sicher verbürgten, kein Material für
die Wiederherstellung. Es musste daher auf. die litte-
rarische Überlieferung zurückgegrisfen werden. Wenn
man von streifenden Erwähnungen bei Pindar, Plutarch,
Lucian u. A. absieht, so sind nur die Angaben des Pau-
sanias (V, 13, 8 — 11 und 14, 1 — 2 und 8) von Bedeutung.
Nachdem dieser Autor die Lage des Altares vor
dem Pelopion und dem Heraion und zwar in ziemlich
gleicher Entfernung von beiden mitgeteilt und die
Frage, wer der Stifter gewesen sei, unentschieden ge-
lassen hat, meldet er die wichtige Thatsache, dass der
Altar nur aus der Schenkelknochenasche von den dem
Zeus geopferten Tieren bestehe. Sodann beschreibt er
ihn nach Form und Grösse, indem er die bauliche
Gliederung andeutet und drei Masse angiebt. Der Bau
bestand aus zwei Teilen, nämlich aus der Prothysis und
dem Aschenaltare; der Umfang der ersten betrug 125
Fuss und der des zweiten 32 Fuss, die ganze Höhe
des Altares war 22 Fuss. Dass Pausanias die Umfangs-
masse jedes Bauteiles überliefert, lässt darauf schliessen,
dass die Grundform beider nur ein Kreis oder eine
Ellipse gewesen sein kann, denn bei einem Oblong-
schema hätte man zwei Masse — Länge und Tiefe —
oder ein Flächenmass für jeden Bauteil erwarten dürfen.
Dadurch erledigt sich auch sofort die berechtigte Frage:

Lagen beide Bauteile nebeneinander oder übereinander?
denn selbstverständlich wird man nicht zwei Ellipsen
oder zwei Kreise verschiedenen Umfanges nebenein-
ander legen, zumal wenn — wie hier — eine unmittel-
bare Verbindung zwischen beiden hergestellt werden
muss und die Überlieferung ausdrücklich sagt: Die
ganze Höhe des Altares, d. h. Prothysis und Aschen-
altar zusammen, betrage 22 Fuss. Wenn schon hieraus
sich ergiebt, dass beide Bauteile übereinander lagen,
so wird diese Auffassung durch die Art der Benutzung
und die Angabe über die Zugänglichkeit beider ent-
scheidend bestätigtl). Auf der Prothysis schlachtete man
die Tiere und trug von hier aus die zu opfernden
Schenkel zum Gipfel, um sie dort zu verbrennen. Zur
Prothysis führten von zwei Seiten Stufen oder Treppen
— richtiger gesagt, langgestreckte gestufte Rampen, um
die Stiere sicher hinauftreiben zu können —, während
man zum Brandplatze nur gelangen konnte mittels
ähnlicher gestufter Rampen (gleichfalls Stufen oder
Treppen genannt), die in den Aschenaltar unmittelbar
eingeschnitten waren. Dass auch hier wieder zwei
Rampenwege angeordnet gewesen sein müden, ob-
schon der Perieget es nicht meldet, wird später nach-
gewiesen werden. Der weitere Zusatz: auf den.obersten
Teil des Altares dürfen nur Männer steigen, dagegen
kann die Prothysis auch von Frauen (mit Ausnahme der
Festzeit) und Jungfrauen betreten werden, ist wichtig
für die Kultsitte an diesem uralten Heiligtume, aber be-
deutungslos für den vorliegenden Zweck.
l) Die hier entwickelte Ansicht, dass der Aschenaltar auf
der Prothysis sich erhob, hat schon Rathgeber in der Hall.
Encyklop. ausgesprochen und neuerdings hat sie A. Flasch
in seinem vortresslichen Auflatze Olympia bei Baumeister,
Denkmäler d. klass. Altertums II, 1067 — freilich ohne nähere
Begründung — wiederholt.
 
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