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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0159

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154

EICHSTÄTT • DOM

Restaurierung 1968 im Bereich von Kopf, Mitra und Nimbus
durch Glasbruch Schaden genommen. Die Scherben konnten
großteils geborgen und von Frenzei mit vereinzelten Ergänzun-
gen (Mitra und Nimbus) rückseitig doubliert wieder eingefügt
werden. Bemalung weitgehend intakt. Das Bleinetz wurde von
Geiges Ende 19. Jh. erneuert; an den doublierten Partien im Zen-
trum der Scheibe von Frenzei ersetzt.
Ikonographie, Komposition: Der Hl. Willibald muß - analog zu
Fenster I des Mortuariums und jenem Basler Scheibenriß mit
vier spezifischen Patronen des Bistums Eichstätt (Fig. 38) - als
Standfigur in architektonischer Rahmung konzipiert gewesen
sein. Seine Benennung als erster Oberhirte Eichstätts ist Tradi-
tion, doch läßt sie sich auch durch die Zierbuchstaben Sfanctus]
Wfillibaldus] Afnglicus] des Rationale stützen. Die Vita S. Willi-
bald! berichtet von seiner angelsächsischen Herkunft, seinen Pil-
gerfahrten nach Rom (um 720 zusammen mit seinem Vater
Richard und seinem Bruder Wunibald) und Jerusalem (724-727),
seiner Zeit als Mönch in Montecassino (729-739) und seiner
Berufung nach Deutschland durch Bonifatius, wo er 742 zum
ersten Bischof des neu gegründeten Eichstätter Bistums geweiht
wurde103.
Ornament: Der blaue Hintergrund zeigt locker ausradierte
Fiederranken mit selten eingestreuten Blüten.
Farbigkeit: Der Gesamteindruck wird bestimmt durch den vor-
herrschenden Einsatz von Gelb und Silbergelb für Maßwerkbe-
krönung, Nimbus, Mitra, Krümme, Rationale und Buchblock;
weiß ausgespart sind der Perlenbesatz in Mitra und Rationale,
Bischofsstab und Velum, Fasciae, Kragen und Handschuh der
pontifikalen Gewandung sowie die Seiten des aufgeschlagenen
Buches. Rot bezeichnet die Kasel Willibalds, den Amikt und die
innere Stoffbespannung der Mitra, Blau den gesamten Ranken-
grund und marginale Akzente im Buchdeckel und Quasten des
Velums. Minimale Grünpartien an den Fransen der Fasciae und
Violett in den Kapitellen der architektonischen Rahmung (Stüt-
zen weiß). Das Gesicht des Heiligen blaßrosa (durch vergilbte
Doublierung nach Hellbraun verschoben).
Technik: Der Amikt zeigt ein ornamentales weißes Muster im
roten Überfang (innenseitig ausgeschliffen).
Stil, Datierung: Augsburg, um 1500/5 (Entwurf Hans Holbein
d.Ä.)
CVMA A 12516, Großdia 99/197 A
2d HL. BISCHOF (ARSACIUS ?) Fig. 5 8, Abb. 70
H. 85-86 cm, B. 49,5 cm.
Zur Frage des ursprünglichen Standorts: Vgl. 2b.
Erhaltung: Abgesehen von wenigen kleineren Reparaturen an
den Säulen und im Rankengrund wird in erster Linie der von
Geiges viel zu dunkel ergänzte Kopf des Bischofs als störend
empfunden. Problematisch ist auch die Originalität der Mitra,
deren asymmetrisch angelegte, gelb damaszierte Zierstreifen mit
dem umgebenden weißen Damast konkurrieren. Partielle Verlu-
ste an Malerei und beriebene Halbtonlasuren sind besonders auf
dem roten Buchdeckel, dem Pluviale und im Rankengrund zu
verzeichnen. Bleinetz im 19. Jh. erneuert.
Ikonographie, Komposition: Die nach links gewandte Gestalt
eines Hl. Bischofs in pontifikalem Ornat mit Pedum und einem
aufgeschlagenen Buch ist ohne weiteres persönliches Attribut -
das möglicherweise in der verlorenen unteren Figurenhälfte bei-
gegeben war - leider nicht sicher zu identifizieren. Angesichts

Fig. 58. ES Mortuarium V, 2d.


der verschiedenen überlieferten Altarpatrozinien des Mortuari-
ums, samt seiner Vorgängerbauten, käme erneut der Hl. Brictius
(Briccius) in Betracht, der auch in der Sockelzone des Weltge-
richtsfensters erscheint (vgl. dort). Ebensogut könnte aber auch
der Hl. Arsacius gemeint gewesen sein, zu dessen Ehren um 1337
Propst Heinrich einen vierten Altar in die Begräbnis-Kapelle der
Kanoniker gestiftet hatte104. Arsacius war der legendäre Bruder
des Mailänder Bischofs Eustorgius und selbst stets in pontifika-
lem Gewand mit Buch und Bischofsstab dargestellt105. Seine
Gebeine waren von Papst Zacharias im 8. Jh. von Rom nach Ilm-
münster transferiert, 1495 von dort in die Münchner Frauenkir-
che überführt und erst 1846 wieder nach Ilmmünster zurückge-
geben worden. Daß sich hinter den knienden Atlantenfigürchen
der beiden Kapitelle, zwei bärtigen Männlein mit spitzem Hut
und Turban, ein weiterer ikonographischer Bezug zur Legende
des Dargestellten verbirgt, ist wenig wahrscheinlich, wenn auch
nicht auszuschließen.
Ornament: Blauer Rankengrund. Dalmatik aus violettem
Damast.
Farbigkeit: Im Unterschied zur Willibaldscheibe dominiert nun
die Farbe Weiß in den Pfeilerstützen und im Maßwerkbogen, in
Stab, Velum, Mitra, Kragen und Fasciae des pontifikalen Ornats.
Gelb bzw. Silbergelb bezeichnet den Nimbus, die kunstvoll
gezierte Mantelschließe, die Krümme des Pedums, Handschuh
und Buchblock, den damaszierten Zierstreifen der Mitra sowie
Krabben einzelne Profile der Maßwerkblende. Rot begegnet nur
in den Deckeln des aufgeschlagenen Buches, der inneren Stoffbe-
spannung der Mitra und den Fransen der Fascien, helles Grün im
Pluviale, Violett in der Dalmatik und im Amikt, helles Blaugrau
in den figürlichen Kapitellen, durchgehend blauer Rankengrund.
Der von Geiges zu dunkel rotbraun ergänzte »Afrikanerkopf«
gab der Scheibe den Namen.
Stil, Datierung: Augsburg, um 1500/5 (Entwurf Hans Holbein
d.Ä.).
CVMA A 12517

103 Braun, 1943, Sp. 754L; LCI, VIII, 1976, Sp. 615 f.
104 Suttner, 1866, S. 195.
105 Braun, 1943, Sp. ro6f.; LCI, V, 1973, Sp. 250L
 
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