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Parello, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Regensburg und der Oberpfalz: ohne Regensburger Dom — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 13,2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.52874#0328
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REGENSBURG • HISTORISCHES MUSEUM

327


Fig. 347-349. ES HM Nr. 22-24.
M 1:15

23. UNBEKANNTES WAPPEN Fig. 348, Abb. 221
Nicht inventarisiert. - H. 20,5 cm, B. 19,5 cm.
Erhaltung: Die verlorene linke Fläche des gespaltenen Schildes
ist durch Blankglas ersetzt. Die originalen Gläser weisen starke
Korrosion auf. Die im Halbton aufgetragene Damaszierung ist
angegriffen und auf den roten Gläsern heute nur mehr schwer
zu erkennen. Neu verbleit.
Ikonographie: Das Wappen ist aufgrund der fehlenden Schild-
hälfte nicht mehr zu identifizieren. Der gespaltene Schild ist
hinten fünfmal schräg geteilt von Silber und Rot. Das Wappen
der Stadt Nürnberg zeigt die gleiche Teilung, jedoch in umge-
kehrter Farbfolge. Verwandt ist das Wappen der Straubinger,
das jedoch hinten lediglich viermal schräg geteilt ist16.
Ornament, Technik: Auf den weißen Schrägbalken schwung-
voll herausradierte lappige Blattranken, auf den roten Balken
eine Kette aus Blütenkreisen.
Stil, Datierung: Herkunft unbekannt. Wappenform und Orna-
mentik lassen auf eine Entstehung der Scheibe im 15. Jahrhun-
dert schließen. Zugehörig zu Wappen Nr. 22.
Regensburg(?), Mitte 15. Jahrhundert.
CVMAT 7210

24. HL. BARBARA(?) Fig. 349k, Abb. 203
Nicht inventarisiert. - H. 36,5 cm, B. 48,5 cm.
Erhaltung: Im Bereich des Kopfes ein zersprungenes und mit
einer Nassdoublierung gesichertes Glasstück. Die Klebung ist
stellenweise bereits vergilbt. Das linksseitige Astwerk wurde
solide ergänzt. Die Malschicht ist intakt, die Gläser selbst sind
ohne erkennbare Korrosion.
Ikonographie, Komposition: Das seitlich aufwachsende Ast-
werk bildet zur Mitte hin je eine Blüte mit verschiedenfarbigen
Kelchblättern aus und bringt die Hl. Barbara in Halbfigur her-
vor. Die mit tailliertem Kleid und einem weiten Mantel beklei-
dete Jungfrau hält einen Kelch vor ihrer Brust. Ihr Haupt wird


Fig. 350. Hl. Barbara. Regensburg, Historisches Museum.
Nürnberg, um 1500-1505 (Hirsvogel-Werkstatt).

von einer Krone geschmückt; das lockige Haar fällt über die
Schultern weit herab. Die Darstellung erweist sich als beson-
ders sinnfällig, da die Heilige der Legende nach in ihrer Kerker-
haft einen Zweig zum Blühen gebracht haben soll. Das Motiv
der Heiligen und Propheten als Blüte ist ansonsten im Zusam-
menhang mit Stammbaumdarstellungen gebräuchlich, etwa im
Volckamer-Fenster von 1480/81 in St. Lorenz in Nürnberg im
Rahmen einer Wurzel Jesse oder geradezu inflationär in den
Illustrationen der Schedel’schen Weltchronik von 1493, die ihre
Figuren fast immer in dieser abbreviaturhaften Form vorstellt
und damit dem genealogisch-chronikalischen Zusammenhang
der Erzählung bildhaften Ausdruck verleiht17.
Es ist nicht zu entscheiden, ob die gesamte Fensterbahn in
gleicher Weise mit Heiligenfiguren gefüllt war oder ob das
Motiv auf den Astwerkbogen der Lanzettspitze beschränkt
blieb. Im ersteren Fall wäre nach dem Bildprogramm zu fra-
gen. Die Mehrbahnigkeit vorausgesetzt, könnte es sich um den
Rest eines Nothelferfensters mit einer zentralen Marienfigur
handeln, doch sind solche Bildlösungen erst aus nachmittel-
alterlicher Zeit bekannt. Zudem fehlt die genealogische Kom-
ponente18. Alternativ ließe sich die Figur auch als Personifika-
tion der Fides deuten. Dann wäre das erhaltene Fragment viel-

10 Day 3i9o9, S. 174. Becksmann 1966.
11 Herold/Gatouillat 1994, S. 277-281, und Fran^oise
Gatouillat, in: Kat. Ausst. Köln 1998, Nr. 50, S. 240E (zu den
Ornamentscheiben in Nürnberg). Zur Baugeschichte vgl. Konow
1954, S. 35h., 62. Nahezu alle Seitenschifffenster der Franziskanerkir-
che haben allerdings ihre Maßwerke verloren.
12 Der Ornamenttyp der Münchner Scheibe ist auch auf historischen
Aufnahmen von Glasmalereien der Colmarer Dominikanerkirche do-
kumentiert, die der Stadtarchivar Emile Herzog einem Manuskript
über die Verglasung dieses Baus beigelegt hatte. Die Scheiben waren
zum damaligen Zeitpunkt in den Fenstern des Martinsmünsters unter-
gebracht. Emile Herzog, Die Glasmalereien der Sankt Martinskirche
zu Colmar, 1910-1917, Colmar, Bibliotheque municipale, manuscrit A
29656. Die Blattformen und Rankenmotive der Regensburger Scheibe
lassen sich gut mit einer Maßwerkfüllung im nordwestlichsten Fenster
der Dominikanerkirche vergleichen. Herold/Gatouillat 1994,
S. 277, Fig. 271 (dort um 1290 datiert).

13 Vgl. Herold/Gatouillat 1994, S. 281 (Paris), und Kat. Nürn-
berg 2007, S. 240, Abb. 217-219 (Nürnberg).
14 Vielleicht gehören sie zu den 14 oder 15 Kisten umfassenden Be-
stand an Glasmalereien, welche die Stadium 1815 dem österreichischen
General Frimont geschenkt hatte. Hierzu Becksmann 1967, S. 48.
13 Ich danke Dr. Christine Steininger von den Deutschen Inschriften,
München, für diesen wichtigen Hinweis. Beide Scheiben werden in ei-
ner Sammelhandschrift erwähnt, in welcher die Inschriften verschie-
dener bayerischer Franziskanerklöster verzeichnet sind (München,
BSB, Clm 1533). Der entsprechende Eintrag befindet sich auf einem
nachträglich in die Handschrift eingeklebten und 1725 datierten Blatt
(S. 404). Zur Stifterscheibe Rosner vgl. Gast 2011, S. 471k, Fig. 447
und Abb. 306. Sixt Rosner war Ratsmitglied und Bürgermeister von
Ingolstadt. Maße und Komposition sind weitgehend identisch mit der
im gleichen Jahr (1526) gestifteten Wappenscheibe Gemlich/Schober.
16 Urbanek 2003, S. 278E (Straubinger I).
12 Zum Volckamer-Fenster s. Frankl 1956,8. 100-104, Abb. 158-190.
18 LCI, VIII, 1976, Sp. 546-550 (J. Dünninger).
 
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