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Parello, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Regensburg und der Oberpfalz: ohne Regensburger Dom — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 13,2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.52874#0068
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KUNSTGESCHICHTLICHE EINLEITUNG

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Fig. 28. Minneteppich aus dem Regensburger Rathaus. Regensburg, Historisches Museum, Inv. Nr. AB 1. Regensburg(?), um 1390.

Territorialpolitik Karls IV. Der König versuchte zudem, seinen Einflussbereich auf das Bistum auszudehnen, über das
der Prager Erzbischof Johann Ocko von Vlasim während der Vakanz des Regensburger Bischofssitzes seine Rechte als
päpstlicher Legat geltend machte148 149 * 151. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht spielte der Handel mit Böhmen für Regensburg
eine wichtige Rolle. So liegt ein Ausstrahlen der karolinischen Hofkunst auf die Kunstproduktion der freien Reichs-
stadt sicherlich nahe, doch sei angemerkt, dass die Scheidung nach Einflusssphären zwischen benachbarten Kunstre-
gionen wiederum dadurch erschwert wird, dass sowohl Prag als auch Regensburg ihre künstlerischen Ressourcen aus
einem donauösterreichisch geprägten Stilumfeld bezogen.
Die von der Menger-Werkstatt gelieferten Farbverglasungen für die gegen 1370 fertiggestellten Bauabschnitte des
Doms zählen zu den vorerst letzten Zeugnissen einer reichen, über ein Jahrhundert währenden Glasmalereiproduktion
in Regensburg. Sowohl in der Stadt als auch auf oberpfälzischem Gebiet begegnen in den nachfolgenden Jahrzehnten
keine Werke einer nachweislichen reichsstädtischen Herkunft mehr152 *. Ersatzweise sei daher auf eine Regensburger
Bildstickerei mit Minneszenen hingewiesen, welche ein von den Glasmalereien her bekanntes Dekorationssystem aus
Medaillons und Architekturrahmen mit wechselnden Farbgründen aufweist. Der Teppich wurde vermutlich für den
Festsaal des Rathauses geschaffen und erinnert mit seinen böhmischen und bayerischen Wappen an die Eheschließung
Wenzels (1376-1400) mit Sophie von Bayern, die im Jahr 1389 in Prag stattfand (Fig. 28)155. Einen Grund für den Man-
gel an erhaltenen Glasmalereien dieser Zeit wird man sicherlich in der schwindenden Nachfrage nach diesen Erzeug-
nissen zu sehen haben. Die großen Bauaufgaben waren zu einem Abschluss gelangt; hinzu trat eine wirtschaftliche
Stagnation der Stadt im Laufe des 15. Jahrhunderts, welche die Handwerker zwang, in attraktivere Zentren abzuwan-
dern. Ein solches war zweifellos die aufstrebende Handelsstadt Nürnberg, die sich durch eine Reihe von königlichen
Handelsprivilegien mit Böhmen, Polen und Ungarn an die Spitze des Fernhandels setzte und von dem auf blühenden
Eisenhandel mit der Oberpfalz erheblich profitierte154. Dazu kamen die ganz unbürokratischen städtischen Aufnah-
meregelungen für arbeitswillige Handwerker, welche keinerlei Restriktionen durch strenge Zunftordnungen zu be-
fürchten hatten. In den Meisterlisten finden sich am Ende des Jahrhunderts allein 19 steuerpflichtige Glaser, die aus
unterschiedlichsten Regionen in die Reichsstadt zugezogen waren155.
Im Rahmen unserer Untersuchung interessiert vor allem die Tatsache, dass Nürnberg damals selbst für Künstler aus
den weiter donauabwärts gelegenen Regionen eine große Anziehung ausgeübt haben muss. So erscheint nach 1383 in

148 Auf die Gemeinsamkeiten in den Szenen der Lossagung vom
Vater hatte Kurmann-Schwarz 2008, S. 196t., zoof., aufmerksam
gemacht.
149 Fritzsche 1987, II, Abb. 359 (Qhs. NORD VI, 3-50).
150 Drexler 1988, S. 181-191.
151 Hausberger 1989,1, S. 195-198.
152 Im Jahr 1393 übernahm ein Maler Niklas die Aufgabe der War-
tung der Domfenster und erhielt hierfür den Jahreslohn von 4 Pfund

Regensburger Pfennige, den gleichen Lohn, den zuvor bereits Hein-
rich Menger bezogen hatte. Vermutlich löste Niklas Heinrich Menger
in dieser Tätigkeit ab, womit ein Anhaltspunkt für Mengers Schaffens-
zeit gegeben wäre. Schuegraf, I, 1847, S. 221.
153 WlLCKENS 1973, S. 57-59; WlLCKENS 1980, S. 8-12.
154 Gömmel 2000, S. 480-482.
155 Scholz 2002,1, S. 58k
 
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