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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0320
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DIE FARBVERGLASUNG DES LANGHAUSES

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Fig. 239—241. Arcliitekturdarstellungen. Von links nach rechts: Königsfelden, ehern. Klosterkirche, Chor n V, 2/3I), um 1340;
Wien, Dom St. Stephan, Chor n II, 6//a, um 1340/50; Oppenheim, Katharinenkirche, Lhs. n X, 4/5!?, um 1340/50. - Kat. S. 335k

Höhe und ihren im Strebewerk in die Tiefe fluchtenden Aufbau gegenüber den flächigen, lediglich mit verräumlichten
Konsolen versehenen Wimpergen in den Bahnen a, c, d und f hervorgehoben (Fig. 237, Abb. 152L). Letztere Architek-
turmotive - das verräumlichte Strebesystem der Tabernakeltürme wie auch die verräumlichten Konsolen der Wim-
pergbekrönungen über den Figuren - gehen mit großer Wahrscheinlichkeit auf oberrheinisch-elsässische Vorbilder
zurück, wobei vor allem das um 1325/30 entstandene Fenster nord VIII (Baie 13) im Langhaus der ehemaligen Stifts-
kirche St. Thomas in Straßburg und auch noch das etwas jüngere, um 1335/40 zu datierende Chorfenster nord IV in der
Kirche des ehemaligen Doppelklosters Königsfelden (Kt. Aargau) zu nennen ist (Fig. 23 6)200. Die in die Tabernakel
eingestellten Prophetenfiguren erinnern dagegen vor allem an Werke in Köln, namentlich an die Fenster in den um
1330/40 verglasten Chorkapellen des Domes201.
Das benachbarte zweite Fenster (n IX) ist, seinem Figurenprogramm entsprechend, völlig gleichförmig komponiert
(Fig. 228). Sechs auf die Christus-Maria-Gruppe in nord VIII ausgerichtete weibliche Heilige stehen vor einheitlich
hellblau/rotem Grund unter zierlichen Wimpergbekrönungen, die nur in ihren Vier- und Dreipassfüllungen einen der
Fensterarchitektur angepassten a-b-a-a-b-a-Rhythmus andeuten. Da die Wimperge in den langen Bahnen b und e aber
nicht höhergeführt werden als in den kurzen Bahnen a und c bzw. d und f, wird diese Rhythmisierung nicht akzen-
tuiert, im Gegenteil, sie wird durch einen steten Farbwechsel der Architekturglieder und der rahmenden Blattstäbe
in der Abfolge a-b-a-b-a-b im Grunde sogar konterkariert. Somit bilden die Heiligen unter Wimpergbekrönungen
letztlich eine ununterbrochene, kaum variierte Reihe, die in nord VIII formal und inhaltlich ihr Ziel besitzt.

Zu Straßburg, St. Thomas, und Königsfelden s. Becksmann 1967, 201 Köln, Dom, Chor n II, n III, s III, s IV, n V; CVMA Deutschland
bes. S. 23, 34b., und zuletzt Kurmann-Schwarz 2008, S. 140k IV,1, 1974, Abb. 43L, 63, 87, 92, m. Zur ursprünglichen Anordnung
und Datierung der Fenster s. zuletzt Becksmann, Köln, 2002.
 
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