DIE FARBVERGLASUNG DER OSTTEILE
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vermauerte, heute verkürzte südliche Fenster (s III) war demgegenüber 13-zeilig. Seine ebenfalls mit einem geomet-
risch-vegetabilen Muster versehene rechte Bahn ist mit neun Feldern noch vollständig erhalten (Fig. 225, Abb. 144);
eine gewisse Unsicherheit besteht bei seiner linken Bahn, da das formal vom übrigen Bestand abweichende, verlo-
rene flechtbandartige Muster, das Müller rechts unten wiedergibt (Fig. 193), wahrscheinlich zum Hochchorfenster
SÜD II gehört hat103, während das Muster, das Ernst G. Gladbach abbildet (Fig. 192), nur in der Ausführung der
Werkstatt Schiffmann von 1856 existiert.
Die weitere Rekonstruktion der ursprünglichen Farbverglasung der Ostteile gestaltet sich schwierig, da weder in den
Fenstern der Nebenchöre noch in den Fenstern des Querhauses Reste aus deren Entstehungszeit erhalten sind; allein
ein einzelnes Flickstück im Chorfenster süd II (7a), das nicht zum typologischen Zyklus in der Achse gehört haben
kann, ist ihnen zuzurechnen (Fig. 198, Abb. 143). Es kommt hinzu, dass auch in den Bild- und Schriftquellen sowie in
der älteren Literatur, hier namentlich in der MÜLLER’schen Monografie, keinerlei Glasmalereien wiedergegeben bzw.
erwähnt werden, deren einstige Existenz nachweisbar ist oder mit guten Gründen vorausgesetzt werden kann104. So
bleibt schließlich auch die Identifizierung einiger weniger Architektur- bzw. Ornamentscheiben und -fragmente in
Darmstadt und Köln als Reste der ursprünglichen Verglasung der Ostteile in hohem Maß unsicher, da ihre Lokalisie-
rung sich allein auf heute nur mehr schwer verifizierbare Herkunftsangaben und -rekonstruktionen zu stützen vermag
(s. Anhang S. 4o/ff.).
Das leicht beschnittene Flickstück in Chor süd II, 7a stellt eine Schlachtszene dar, die anhand von Vergleichen mit
jüngeren Werken wie dem Kalender des Johannes von Gmunden als Illustration einer Monatsarbeit im November oder
im Dezember gedeutet werden kann (s. Katalog S. 295!., Fig. 197L)105. Es gehörte daher mit ziemlicher Gewissheit zu
einem Zyklus, der einst aus zwölf, in Medaillons gefassten Darstellungen der Monate Januar bis Dezember bestan-
den hatte. Ein solcher Zyklus hätte durchaus in einem der zweibahnigen, mit Kopfscheiben siebenzeiligen Fenster
der Nebenchöre seinen Platz gehabt haben können. Wenn er jedoch, was zu erwarten ist, in Entsprechung zu allen
monumentalen Monatsbildzyklen der mittelalterlichen Kunst in einen großen, z.B. aus Tierkreiszeichen, Monatshei-
ligen und/oder heilsgeschichtlich-endzeitlichen Themen bestehenden ikonografischen Zusammenhang eingebunden
war106 , kommt aus Platzgründen wohl nur eines der vierbahnigen, ehemals zwölf Zeilen hohen Querhausfenster als
ursprünglicher Standort in Frage. Da auf der Südseite neben dem Hauptportal der Ostteile - bei der großen kirchthur
- ein Zwölf-Apostel-Altar stand und dieses Portal selbst kein figürliches Programm besaß, ließe sich als Ersatz in
süd VII ein Fenster mit dem Apostelkollegium sowie Monats- und Tierkreiszeichen-Bildern, vielleicht in Verbindung
mit einer Darstellung des Jüngsten Gerichts im Maßwerk, rekonstruieren107.
Was dementgegen die übrigen Fenster in den Ostteilen betrifft, fehlen, wie erwähnt, feste Anhaltspunkte, auf deren
Grundlage ihre Rekonstruktion möglich wäre. Ausgehend von dem Verglasungsprogramm im Ostchor, das im Chor-
schluss aus figürlich und in den geraden Seiten - vermutlich auch in NORD II und SÜD II - aus ornamental gestalte-
ns Schütz 1982, S. 354, Fig. 15. - Zur Frage der ursprünglichen Zei-
lenzahl des Fensters Chor s II s. abermals Gast 2005, S. 132!., Anm. 29.
Den Notizen Ivo Rauchs zur ursprünglichen Lage der Quereisen zu-
folge ist nicht auszuschließen, dass das Fenster abweichend von Chor I
und n II 13-zeilig gewesen sein könnte (Freiburg, CVMA, Archiv). Die
lichte Höhe seiner Scheiben hätte dann jener in Chor s III entsprochen
(s. Scheibenkatalog S. 302E).
99 Becksmann 1989, S. 370; Kemp 1991, S. 280. Zur Frage der Anzahl
der Szenen s. auch Schill 2005, II, S. 354, sowie die obige Anm. 98.
DO Schill 2005, II, S. 354.
Dl Benz 1925, S. 917-927. Vgl. die Übersicht bei Schill 2005, I,
S. 8f.
D2 Zu Jen seltenen Darstellungen der Bekenntnisszene s. Schill
2005, I, S. 193L - Wenig Wahrscheinlichkeit kommt dem Vorschlag
von Rauch 1997, S. 15, zu, der in der fraglichen Szene den linken Teil
von Katharinas Disput mit den Philosophen zu erkennen glaubte.
D3 Vgl. Anm. 88.
D4 Dies gilt insbesondere für die rekonstruktive Ansicht des Kir-
cheninnern bei Müller 1823-1829, die alle Fenster mit einer Vergla-
sung zeigt (Bl. 16), mithin auch jene Fenster, in denen im Text keine
Glasmalereien erwähnt werden. Gelegentlich betont Müller sogar
ausdrücklich, dass er die Glasmalereien in den Fenstern der Vollstän-
digkeit halber hinzugefügt hat, so etwa im Text zur Außenansicht des
Qhs.-Fensters s VII (S. 29 zu Bl. 11).
D5 Ein dem frühen 16. Jh. angehörendes Monatsbild »Dezember«(?)
in New York, The Metropolitan Museum of Art, The Cloisters, Inv.
Nr. 1970.323, geht anscheinend auf ein ähnliches Vorbild zurück; vgl.
Husband 1991, S. 140, und AK New York 1995, S. 87, Nr. 29 (Timothy
Husband).
D6 Die verschiedenen Möglichkeiten lassen sich nur andeuten. Vgl.
die Auflistung der Zyklen in: Time in the Medieval World. Occupa-
tions of the Months and Signs of the Zodiac in the Index of Christian
Art, ed. by Colum Hourihane (Index of Christian Art Resources
III), Princeton/New Jersey 2007, S. 3-14. Zu den Monatsbildern s.
auch die Artikel von Oskar Holl, in: LCI, III, 1971, Sp. 274-279, und
Marion Grams-Thieme, in: LMA, V, 1991, Sp. 277-279.
D7 Zur Lage des Zwölf-Apostel-Altars s. Schütz 1982, S. 348k und
S. 354, Fig. 15. - Die von Becksmann 1989, S. 372, 374, und von Hart-
mut Scholz, in: AK Köln 1998, S. 208k, Nr. 36, vermutungsweise in
s VII lokalisierte Ornamentscheibe in Darmstadt, HLM, kann auf-
grund der Abmessungen ihrer drei querrechteckigen, jeweils ca. 35 cm
hohen Einzelfelder, aus denen sie zusammengesetzt ist, schwerlich für
dieses Fenster in Anspruch genommen werden; vgl. Anhang S. 4O7ff.
und Fig. 351.
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vermauerte, heute verkürzte südliche Fenster (s III) war demgegenüber 13-zeilig. Seine ebenfalls mit einem geomet-
risch-vegetabilen Muster versehene rechte Bahn ist mit neun Feldern noch vollständig erhalten (Fig. 225, Abb. 144);
eine gewisse Unsicherheit besteht bei seiner linken Bahn, da das formal vom übrigen Bestand abweichende, verlo-
rene flechtbandartige Muster, das Müller rechts unten wiedergibt (Fig. 193), wahrscheinlich zum Hochchorfenster
SÜD II gehört hat103, während das Muster, das Ernst G. Gladbach abbildet (Fig. 192), nur in der Ausführung der
Werkstatt Schiffmann von 1856 existiert.
Die weitere Rekonstruktion der ursprünglichen Farbverglasung der Ostteile gestaltet sich schwierig, da weder in den
Fenstern der Nebenchöre noch in den Fenstern des Querhauses Reste aus deren Entstehungszeit erhalten sind; allein
ein einzelnes Flickstück im Chorfenster süd II (7a), das nicht zum typologischen Zyklus in der Achse gehört haben
kann, ist ihnen zuzurechnen (Fig. 198, Abb. 143). Es kommt hinzu, dass auch in den Bild- und Schriftquellen sowie in
der älteren Literatur, hier namentlich in der MÜLLER’schen Monografie, keinerlei Glasmalereien wiedergegeben bzw.
erwähnt werden, deren einstige Existenz nachweisbar ist oder mit guten Gründen vorausgesetzt werden kann104. So
bleibt schließlich auch die Identifizierung einiger weniger Architektur- bzw. Ornamentscheiben und -fragmente in
Darmstadt und Köln als Reste der ursprünglichen Verglasung der Ostteile in hohem Maß unsicher, da ihre Lokalisie-
rung sich allein auf heute nur mehr schwer verifizierbare Herkunftsangaben und -rekonstruktionen zu stützen vermag
(s. Anhang S. 4o/ff.).
Das leicht beschnittene Flickstück in Chor süd II, 7a stellt eine Schlachtszene dar, die anhand von Vergleichen mit
jüngeren Werken wie dem Kalender des Johannes von Gmunden als Illustration einer Monatsarbeit im November oder
im Dezember gedeutet werden kann (s. Katalog S. 295!., Fig. 197L)105. Es gehörte daher mit ziemlicher Gewissheit zu
einem Zyklus, der einst aus zwölf, in Medaillons gefassten Darstellungen der Monate Januar bis Dezember bestan-
den hatte. Ein solcher Zyklus hätte durchaus in einem der zweibahnigen, mit Kopfscheiben siebenzeiligen Fenster
der Nebenchöre seinen Platz gehabt haben können. Wenn er jedoch, was zu erwarten ist, in Entsprechung zu allen
monumentalen Monatsbildzyklen der mittelalterlichen Kunst in einen großen, z.B. aus Tierkreiszeichen, Monatshei-
ligen und/oder heilsgeschichtlich-endzeitlichen Themen bestehenden ikonografischen Zusammenhang eingebunden
war106 , kommt aus Platzgründen wohl nur eines der vierbahnigen, ehemals zwölf Zeilen hohen Querhausfenster als
ursprünglicher Standort in Frage. Da auf der Südseite neben dem Hauptportal der Ostteile - bei der großen kirchthur
- ein Zwölf-Apostel-Altar stand und dieses Portal selbst kein figürliches Programm besaß, ließe sich als Ersatz in
süd VII ein Fenster mit dem Apostelkollegium sowie Monats- und Tierkreiszeichen-Bildern, vielleicht in Verbindung
mit einer Darstellung des Jüngsten Gerichts im Maßwerk, rekonstruieren107.
Was dementgegen die übrigen Fenster in den Ostteilen betrifft, fehlen, wie erwähnt, feste Anhaltspunkte, auf deren
Grundlage ihre Rekonstruktion möglich wäre. Ausgehend von dem Verglasungsprogramm im Ostchor, das im Chor-
schluss aus figürlich und in den geraden Seiten - vermutlich auch in NORD II und SÜD II - aus ornamental gestalte-
ns Schütz 1982, S. 354, Fig. 15. - Zur Frage der ursprünglichen Zei-
lenzahl des Fensters Chor s II s. abermals Gast 2005, S. 132!., Anm. 29.
Den Notizen Ivo Rauchs zur ursprünglichen Lage der Quereisen zu-
folge ist nicht auszuschließen, dass das Fenster abweichend von Chor I
und n II 13-zeilig gewesen sein könnte (Freiburg, CVMA, Archiv). Die
lichte Höhe seiner Scheiben hätte dann jener in Chor s III entsprochen
(s. Scheibenkatalog S. 302E).
99 Becksmann 1989, S. 370; Kemp 1991, S. 280. Zur Frage der Anzahl
der Szenen s. auch Schill 2005, II, S. 354, sowie die obige Anm. 98.
DO Schill 2005, II, S. 354.
Dl Benz 1925, S. 917-927. Vgl. die Übersicht bei Schill 2005, I,
S. 8f.
D2 Zu Jen seltenen Darstellungen der Bekenntnisszene s. Schill
2005, I, S. 193L - Wenig Wahrscheinlichkeit kommt dem Vorschlag
von Rauch 1997, S. 15, zu, der in der fraglichen Szene den linken Teil
von Katharinas Disput mit den Philosophen zu erkennen glaubte.
D3 Vgl. Anm. 88.
D4 Dies gilt insbesondere für die rekonstruktive Ansicht des Kir-
cheninnern bei Müller 1823-1829, die alle Fenster mit einer Vergla-
sung zeigt (Bl. 16), mithin auch jene Fenster, in denen im Text keine
Glasmalereien erwähnt werden. Gelegentlich betont Müller sogar
ausdrücklich, dass er die Glasmalereien in den Fenstern der Vollstän-
digkeit halber hinzugefügt hat, so etwa im Text zur Außenansicht des
Qhs.-Fensters s VII (S. 29 zu Bl. 11).
D5 Ein dem frühen 16. Jh. angehörendes Monatsbild »Dezember«(?)
in New York, The Metropolitan Museum of Art, The Cloisters, Inv.
Nr. 1970.323, geht anscheinend auf ein ähnliches Vorbild zurück; vgl.
Husband 1991, S. 140, und AK New York 1995, S. 87, Nr. 29 (Timothy
Husband).
D6 Die verschiedenen Möglichkeiten lassen sich nur andeuten. Vgl.
die Auflistung der Zyklen in: Time in the Medieval World. Occupa-
tions of the Months and Signs of the Zodiac in the Index of Christian
Art, ed. by Colum Hourihane (Index of Christian Art Resources
III), Princeton/New Jersey 2007, S. 3-14. Zu den Monatsbildern s.
auch die Artikel von Oskar Holl, in: LCI, III, 1971, Sp. 274-279, und
Marion Grams-Thieme, in: LMA, V, 1991, Sp. 277-279.
D7 Zur Lage des Zwölf-Apostel-Altars s. Schütz 1982, S. 348k und
S. 354, Fig. 15. - Die von Becksmann 1989, S. 372, 374, und von Hart-
mut Scholz, in: AK Köln 1998, S. 208k, Nr. 36, vermutungsweise in
s VII lokalisierte Ornamentscheibe in Darmstadt, HLM, kann auf-
grund der Abmessungen ihrer drei querrechteckigen, jeweils ca. 35 cm
hohen Einzelfelder, aus denen sie zusammengesetzt ist, schwerlich für
dieses Fenster in Anspruch genommen werden; vgl. Anhang S. 4O7ff.
und Fig. 351.