34° OPPENHEIM • KATHARINENKIRCHE
sind, ist in die ^öoZ/oer-Jahre zu datieren. Die letzte, der Bestandserhaltung und -Sicherung dienende Restaurierung
wurde 1991-1994 durchgeführt.
Gesamtaufnahmen des Fensters existieren aus den Jahren 19 59, 1996 und 2009; Einzelaufnahmen aller mit Glasmalerei
versehenen Felder wurden 1991 bzw. 1994 sowohl vor als auch nach der Restaurierung angefertigt (vR bzw. nR).
Gesamtaufnahmen: CVMA A 59/49, A 11202, Großdia A 59/49, A 236, E 09/087
i-5a-f VIER PROPHETEN, CHRISTUS AM ÖLBERG,
CHRISTUS UND PETRUS Fig. 243, 255, Abb. 175, i76f.
H./B.: la-f: 66-67/54-55 cm; 2-4a-f: 63-65/54-55 cm; 5a, c, d,
f: 47-48/54-55 cm; 5b, e: 83/54-55 cm.
Inschriften: Auf den Spruchbändern der Propheten und der
beiden Figuren Christi überlieferte Müller 1823-1829, Bl. 37,
folgende, bei der Restaurierung 1843-1845 gänzlich erneuerte,
in Majuskeln ausgeführte Inschriften: 3a: <+ PROFET>; 3b:
<+ PREDE VM • M SI •>; 3/4d: <TRANSFER • CALICEM •
HVNC • A • / ME> (Mc 14,36); 2-4f: <ET / EGO • DICO •
TIBI • EDIFICABO / ECCMO> (nach Mt 16,18).
Erhaltung: Wie alle anderen Fenster der Langhaus-Nordseite
ist auch das Fenster n XI 1843-1845 von der Werkstatt Usin-
ger, Mainz, in seinen unteren Partien nach Vorgaben Franz H.
Müllers ergänzt worden. Müller zufolge war es zu Beginn
des 19. Jh. »noch so erhalten, daß es mit wenig Zusätzen auf
dem Papier restaurirt werden konnte« (Fig. 230); lediglich die
Figur des Engels in 2/3C, der Körper Christi in 2d und die Figur
Petri in 2/36 scheinen gefehlt zu haben25 . Gleichwohl wurden
die unteren Zeilen im 19. Jh. bis auf Höhe der Architekturbe-
krönungen fast vollständig erneuert. Die originalen Teile be-
schränken sich im Wesentlichen auf die Zeilen 4 und 5, in de-
nen allein die Felder 4c und 5a erneuert sind; hier, wie auch an
den wenigen originalen Gläsern in 3a, 2/3^ 3d und 2/3!, sind
an den roten, violetten und grünen Gläsern Lochfraß und z.T.
auch flächige Korrosionsprodukte zu beobachten. Der Anteil
an Ergänzungen aus der Restaurierung der i96o/7oer-Jahre ist
im Großen und Ganzen gering und betrifft größtenteils nur die
Scheiben der Zeilen 4 und 5.
Rekonstruktion, Ikonografie, Komposition: Inwieweit die zen-
tralen Bildgegenstände des Fensters von Müller zuverläs-
sig überliefert und rekonstruiert worden sind, ist am Bestand
selbst nicht mehr festzustellen. Jedenfalls fügen die Darstel-
lungen sich weder zu einer formalen, auf die gebaute wie auf
die gemalte architektonische Gliederung abgestimmten Einheit
zusammen (s.u.), noch ergeben sie in ihrer Zusammenstellung
- links Propheten, »als welche von Jesus Christus vorzüglich
geweissagt haben«260, in der Mitte sodann Christi Gebet am
Ölberg, rechts schließlich Christus und Petrus (Gründung der
Kirche) - einen offenkundigen Sinn. Zwar ist von Ivo Rauch
vermutet worden, dass letztere Darstellung einen Bezug zur
Gründung des Stifts St. Katharina durch Peter von Aspelt
(1317) und zum Bau des Langhauses der Kirche auf Betreiben
Müller 1823-1829, S. 65.
260 Ebd.
261 Rauch 1996, S. 156 mit Anm. 18; Rauch 1997, S. 63-65, 190!., 194h
262 Eben darin, d.h. in der das architektonische Rahmensystem ne-
gierenden Anlage der Szene, sah Becksmann 1989, S. 384, umgekehrt
den genialen, weil voraussetzungslosen Schachzug des Entwerfers,
beide Fensterhälften miteinander zu verbinden. - Zur Ölberg-Ikono-
grafie s. Justine Thuner, in: LCI, III, 1971, Sp. 342-349.
263 Es sei daran erinnert, dass damals noch Reste der Westchorvergla-
sung zu Flickzwecken im Langhaus eingebaut waren.
der Mainzer Erzbischöfe gehabt hat, insofern, als in der Sockel-
zone des Fensters u.a. eine Darstellung zu sehen gewesen sei, in
der mit dem Bild eines Bischofs und eines Mönchs unmittelbar
der Stiftsgründung gedacht wurde261; diese Darstellung, die al-
lein in einer Beschreibung von Johann H. Andreae überliefert
ist, muss sich jedoch im Lhs.-Fenster n VIII befunden haben
und kann hier nicht zur Deutung herangezogen werden (vgl.
Anhang S. 406E).
Die Fensterarchitektur mit ihrer Zweiteilung in je drei Bahnen
wird in den gemalten, die Dreierbahnen überspannenden Bal-
dachinen aufgenommen und akzentuiert (a-b-a / a-b-a). Die
Baldachine scheinen somit für Einzelfiguren oder szenische
Darstellungen konzipiert gewesen zu sein, die in Dreiergrup-
pen zusammengefasst waren. Die kritische Stelle der Kompo-
sition ist daher die Ölberg-Szene, die als isolierte Darstellung
außerhalb eines Passionszyklus zu jener Zeit unbekannt ist und
in ihrer alle räumlichen Grenzen negierenden Anlage zudem
fragwürdig erscheint262. Da Müller nicht expressis verbis mit-
teilt, dass das Spruchband mit dem Vers aus dem Markus-Evan-
gelium vorhanden war, ist die Möglichkeit, dass die Scheibe mit
dem offenbar allein erhaltenen Kopf Christi aus einem ande-
ren Kontext stammte und Müller zu einer falschen Deutung
veranlasst hat, nicht auszuschließen263. Vermutlich lag hier, in
den Bahnen c und d, der Schlüssel zum Verständnis der ganzen
Komposition - unter der Voraussetzung, dass sowohl die Pro-
pheten als auch die Darstellung der Gründung der Kirche
durch Christus auf Petrus vertrauenswürdig sind. Thematisch
könnte das Fenster sich somit auf eine Gegenüberstellung von
Altem und Neuem Bund konzentriert haben, auch wenn sei-
ne Gesamtkomposition nicht mehr zu erschließen ist264. Was
dabei die Figuren von Christus und Petrus betrifft, kann auf
Darstellungen der Schlüsselübergabe verwiesen werden, wie sie
z.B. in zwei mutmaßlich aus Köln stammenden Scheiben der
Zeit um 1315/20 in New York erhalten ist265.
Wie im benachbarten Fenster n X sind die Architekturbe-
krönungen ökonomisch nach nur vier Kartons - je zwei für die
Bahnen a, c, d und e bzw. für die Bahnen b und e - gefertigt
worden. Es handelt sich um fragile, seitlich wohl auf gedrehten
Säulchen und Stäben ruhende Baldachine mit Gewölbeansät-
zen, die jeweils drei Bahnen überspannen. Das verbindende
Element ist eine Art Zwerggalerie mit aufgesetzten Zinnen. In
4a+c und in 4d+f buchtet sie jeweils nach vorne aus und wird
dort von Türmchen bekrönt; in 4b und 4c mündet sie in ein -
264 Vgl. hierzu bereits Bonhard 1892, S. 59, und Becksmann 1989,
S. 384. Zur Gegenüberstellung von Alten und Neuem Bund in Gestalt
von Propheten und Aposteln s. Peter Bloch, Nachwirkungen des Al-
ten Bundes in der christlichen Kunst, in: Monumenta Judaica. 2000
Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein, Handbuch zur Aus-
stellung Köln, Stadtmuseum, Köln 1963, S. 735-781, hier S. 750!.
265 New York, The Metropolitan Museum of Art, Inv. Nr. Acc. No.
29.55 Rogers Fund; vgl. Jane Hayward, in: CV USA, Checklist I, 1985,
S. 106, und AK Köln 1998, S. 250!., Nr. 55 (Jane HAYWARD/Charles T.
Little).
Fig. 255. ES Lhs. n XI.
M 1:20
sind, ist in die ^öoZ/oer-Jahre zu datieren. Die letzte, der Bestandserhaltung und -Sicherung dienende Restaurierung
wurde 1991-1994 durchgeführt.
Gesamtaufnahmen des Fensters existieren aus den Jahren 19 59, 1996 und 2009; Einzelaufnahmen aller mit Glasmalerei
versehenen Felder wurden 1991 bzw. 1994 sowohl vor als auch nach der Restaurierung angefertigt (vR bzw. nR).
Gesamtaufnahmen: CVMA A 59/49, A 11202, Großdia A 59/49, A 236, E 09/087
i-5a-f VIER PROPHETEN, CHRISTUS AM ÖLBERG,
CHRISTUS UND PETRUS Fig. 243, 255, Abb. 175, i76f.
H./B.: la-f: 66-67/54-55 cm; 2-4a-f: 63-65/54-55 cm; 5a, c, d,
f: 47-48/54-55 cm; 5b, e: 83/54-55 cm.
Inschriften: Auf den Spruchbändern der Propheten und der
beiden Figuren Christi überlieferte Müller 1823-1829, Bl. 37,
folgende, bei der Restaurierung 1843-1845 gänzlich erneuerte,
in Majuskeln ausgeführte Inschriften: 3a: <+ PROFET>; 3b:
<+ PREDE VM • M SI •>; 3/4d: <TRANSFER • CALICEM •
HVNC • A • / ME> (Mc 14,36); 2-4f: <ET / EGO • DICO •
TIBI • EDIFICABO / ECCMO> (nach Mt 16,18).
Erhaltung: Wie alle anderen Fenster der Langhaus-Nordseite
ist auch das Fenster n XI 1843-1845 von der Werkstatt Usin-
ger, Mainz, in seinen unteren Partien nach Vorgaben Franz H.
Müllers ergänzt worden. Müller zufolge war es zu Beginn
des 19. Jh. »noch so erhalten, daß es mit wenig Zusätzen auf
dem Papier restaurirt werden konnte« (Fig. 230); lediglich die
Figur des Engels in 2/3C, der Körper Christi in 2d und die Figur
Petri in 2/36 scheinen gefehlt zu haben25 . Gleichwohl wurden
die unteren Zeilen im 19. Jh. bis auf Höhe der Architekturbe-
krönungen fast vollständig erneuert. Die originalen Teile be-
schränken sich im Wesentlichen auf die Zeilen 4 und 5, in de-
nen allein die Felder 4c und 5a erneuert sind; hier, wie auch an
den wenigen originalen Gläsern in 3a, 2/3^ 3d und 2/3!, sind
an den roten, violetten und grünen Gläsern Lochfraß und z.T.
auch flächige Korrosionsprodukte zu beobachten. Der Anteil
an Ergänzungen aus der Restaurierung der i96o/7oer-Jahre ist
im Großen und Ganzen gering und betrifft größtenteils nur die
Scheiben der Zeilen 4 und 5.
Rekonstruktion, Ikonografie, Komposition: Inwieweit die zen-
tralen Bildgegenstände des Fensters von Müller zuverläs-
sig überliefert und rekonstruiert worden sind, ist am Bestand
selbst nicht mehr festzustellen. Jedenfalls fügen die Darstel-
lungen sich weder zu einer formalen, auf die gebaute wie auf
die gemalte architektonische Gliederung abgestimmten Einheit
zusammen (s.u.), noch ergeben sie in ihrer Zusammenstellung
- links Propheten, »als welche von Jesus Christus vorzüglich
geweissagt haben«260, in der Mitte sodann Christi Gebet am
Ölberg, rechts schließlich Christus und Petrus (Gründung der
Kirche) - einen offenkundigen Sinn. Zwar ist von Ivo Rauch
vermutet worden, dass letztere Darstellung einen Bezug zur
Gründung des Stifts St. Katharina durch Peter von Aspelt
(1317) und zum Bau des Langhauses der Kirche auf Betreiben
Müller 1823-1829, S. 65.
260 Ebd.
261 Rauch 1996, S. 156 mit Anm. 18; Rauch 1997, S. 63-65, 190!., 194h
262 Eben darin, d.h. in der das architektonische Rahmensystem ne-
gierenden Anlage der Szene, sah Becksmann 1989, S. 384, umgekehrt
den genialen, weil voraussetzungslosen Schachzug des Entwerfers,
beide Fensterhälften miteinander zu verbinden. - Zur Ölberg-Ikono-
grafie s. Justine Thuner, in: LCI, III, 1971, Sp. 342-349.
263 Es sei daran erinnert, dass damals noch Reste der Westchorvergla-
sung zu Flickzwecken im Langhaus eingebaut waren.
der Mainzer Erzbischöfe gehabt hat, insofern, als in der Sockel-
zone des Fensters u.a. eine Darstellung zu sehen gewesen sei, in
der mit dem Bild eines Bischofs und eines Mönchs unmittelbar
der Stiftsgründung gedacht wurde261; diese Darstellung, die al-
lein in einer Beschreibung von Johann H. Andreae überliefert
ist, muss sich jedoch im Lhs.-Fenster n VIII befunden haben
und kann hier nicht zur Deutung herangezogen werden (vgl.
Anhang S. 406E).
Die Fensterarchitektur mit ihrer Zweiteilung in je drei Bahnen
wird in den gemalten, die Dreierbahnen überspannenden Bal-
dachinen aufgenommen und akzentuiert (a-b-a / a-b-a). Die
Baldachine scheinen somit für Einzelfiguren oder szenische
Darstellungen konzipiert gewesen zu sein, die in Dreiergrup-
pen zusammengefasst waren. Die kritische Stelle der Kompo-
sition ist daher die Ölberg-Szene, die als isolierte Darstellung
außerhalb eines Passionszyklus zu jener Zeit unbekannt ist und
in ihrer alle räumlichen Grenzen negierenden Anlage zudem
fragwürdig erscheint262. Da Müller nicht expressis verbis mit-
teilt, dass das Spruchband mit dem Vers aus dem Markus-Evan-
gelium vorhanden war, ist die Möglichkeit, dass die Scheibe mit
dem offenbar allein erhaltenen Kopf Christi aus einem ande-
ren Kontext stammte und Müller zu einer falschen Deutung
veranlasst hat, nicht auszuschließen263. Vermutlich lag hier, in
den Bahnen c und d, der Schlüssel zum Verständnis der ganzen
Komposition - unter der Voraussetzung, dass sowohl die Pro-
pheten als auch die Darstellung der Gründung der Kirche
durch Christus auf Petrus vertrauenswürdig sind. Thematisch
könnte das Fenster sich somit auf eine Gegenüberstellung von
Altem und Neuem Bund konzentriert haben, auch wenn sei-
ne Gesamtkomposition nicht mehr zu erschließen ist264. Was
dabei die Figuren von Christus und Petrus betrifft, kann auf
Darstellungen der Schlüsselübergabe verwiesen werden, wie sie
z.B. in zwei mutmaßlich aus Köln stammenden Scheiben der
Zeit um 1315/20 in New York erhalten ist265.
Wie im benachbarten Fenster n X sind die Architekturbe-
krönungen ökonomisch nach nur vier Kartons - je zwei für die
Bahnen a, c, d und e bzw. für die Bahnen b und e - gefertigt
worden. Es handelt sich um fragile, seitlich wohl auf gedrehten
Säulchen und Stäben ruhende Baldachine mit Gewölbeansät-
zen, die jeweils drei Bahnen überspannen. Das verbindende
Element ist eine Art Zwerggalerie mit aufgesetzten Zinnen. In
4a+c und in 4d+f buchtet sie jeweils nach vorne aus und wird
dort von Türmchen bekrönt; in 4b und 4c mündet sie in ein -
264 Vgl. hierzu bereits Bonhard 1892, S. 59, und Becksmann 1989,
S. 384. Zur Gegenüberstellung von Alten und Neuem Bund in Gestalt
von Propheten und Aposteln s. Peter Bloch, Nachwirkungen des Al-
ten Bundes in der christlichen Kunst, in: Monumenta Judaica. 2000
Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein, Handbuch zur Aus-
stellung Köln, Stadtmuseum, Köln 1963, S. 735-781, hier S. 750!.
265 New York, The Metropolitan Museum of Art, Inv. Nr. Acc. No.
29.55 Rogers Fund; vgl. Jane Hayward, in: CV USA, Checklist I, 1985,
S. 106, und AK Köln 1998, S. 250!., Nr. 55 (Jane HAYWARD/Charles T.
Little).
Fig. 255. ES Lhs. n XI.
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