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Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet: Hessen und Rheinhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,2: Berlin: Dt. Verl. für Kunstwiss., 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52864#0057
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KUNSTGESCHICHTLICHE EINLEITUNG

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Jahrhundertdrittels in unserem Rahmen nicht weiter
berücksichtigt werden können76. Von allen diesen Wer-
ken, die die Rolle der Stadt Mainz als künstlerisch pro-
duktivstes Zentrum erneut unter Beweis stellen, läßt
sich einzig der Leuchterengel aus dem Grab des eben
erwähnten, 1419 verstorbenen Mainzer Erzbischofs
(Textabb. 32) genauer datieren. Zugleich ist dieser Engel
wiederholt als Bindeglied zwischen den Wandmalereien
in Eltville und Mainz und den Engeln im Chorgewölbe
der Frankfurter Karmeliterkirche (Textabb. 40) bemüht
worden, obgleich letztere deutlich später entstanden
sind77.
Im Gegensatz zu Mainz scheinen in Frankfurt in der
ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts keine größeren Maler-
Werkstätten ansässig gewesen zu sein: Die erhaltenen
Werke erschöpfen sich in den Wandgemälden im Bartho-
lomäusdom und im Altar aus der Peterskirche. In der
Chorapsis des Frankfurter Doms entstanden nach Aus-
weis der schriftlich überlieferten Tituli im Jahre 1427 die
beiden Wandgemälde mit der Verherrlichung Mariae und
einer Noli-me-tangere-Szene, die durch den Domscho-
laster Frank von Ingelheim gestiftet worden waren. In
diesem Zusammenhang wurde offenbar auch der 27 Sze-
nen umfassende Bartholomäusfries auf den Langchor-
wänden (Textabb. 33) angebracht, für dessen Ausführung
dieselbe Werkstatt verantwortlich gemacht werden kann.
Angesichts ihrer ikonographischen Bedeutung, hohen
Qualität und singulären Stellung innerhalb der Frankfur-
ter Malerei ist es unverständlich, warum diese Malereien
bislang kaum gewürdigt worden sind78. In deutlichem
Kontrast zu deren erzählerischer Breite und festlicher
Pracht schlägt der etwa gleichzeitig entstandene Altar aus
der Peterskirche (Textabb. 34f.) mit seinen dramatisch
geladenen, das schmale Format der Flügel beinahe spren-
genden Kompositionen einen expressiveren Ton an. Im
Gegensatz zu den zierlichen Figuren, den reich dekorier-
ten Gewändern und Architekturen des Bartholomäus-
frieses wirkt seine Gestaltung schlicht und wuchtig79.
Bevor auf die Zusammenhänge dieser beiden Werke mit


34. Kreuzabnahme Christi. Altarflügel aus der Peterskirche.
Frankfurt, Städelsches Kunstinstitut. Frankfurt(?), um 1420.

76 Vgl. dazu Beeh-Lustenberger, 1973, S. 119L, Nr. i68f., Glatz,
1981, S. 97-102, Zipelius, 1993, S. 76-99, sowie Uwe Gast/Anette
Strittmatter, in: KHM 34, 1994, S. 41-48, und Theo Jülich, in:
Sancta Treveris. Beiträge zu Kirchenbau und bildender Kunst im alten
Erzbistum Trier, FS Franz J. Ronig, Trier 1999, S. 269-281. Zu den Kar-
meliterchorbüchern steht die Dissertation von Judith König, Mainz,
kurz vor ihrem Abschluß (freundlicher Hinweis von Uwe Gast, Mainz).

77 Zum gemalten Leuchterengel vgl. Glatz, 1981, S. 99, 24^.
78 Elsbeth de Weerth, Die Ausstattung des Frankfurter Doms (im
Druck), hat sich in ihrer verdienstvollen Arbeit eines ersten Dom-Inven-
tars diesen Wandmalereien zusammenfassend angenommen; für den Ein-
blick in ihr Manuskript sei der Autorin ganz herzlich gedankt.
79 Zum Petersaltar vgl. bis zum Erscheinen des Bestandskatalogs des
Städelschen Kunstinstituts zusammenfassend Zipelius, 1993, S. 90-92.
 
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