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Becksmann, Rüdiger; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Lüneburg und den Heideklöstern — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,2: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.52868#0228
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LÜNEBURG • KLOSTER LÜNE

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in der zweiten Hälfte des 18. oder im frühen 19. Jh. beseitigt worden sein21. Auch die in zahlreichen Briefen der
Domina Mechtild Wilde erbetenen Scheibenstiftungen für das neue Schlafhaus von 1506, das 1512 erbaute und 1522
durch ene nie dornsen erweiterte Krankenhaus, die vom Lüneburger Rat 1480 für die von Propst Graurock über
einer heilkräftigen Quelle erbauten St. Gangolfs-Kapelle geschenkten Fenster und die Wappenscheiben, die der Lüne-
burger Rat zwischen 1480 und 1507 und Abt Boldewin von Marenholtz von St. Michaelis 1508 und 1527 für den
Lüner Propst anfertigen ließen, sind zu unbekannter Zeit verlorengegangen22. Über die mittelalterliche Verglasung
der Barbarakapelle ist nichts bekannt. Die Domina Dorothea von Meding (1580-1634) ließ hier die Äbtissinnengruft
anlegen; das zweibahnige Achsenfenster erhielt dabei zwei erhaltene Wappenscheiben von 158 6 23.
Ältester Teil der Glasmalereien in den Klausurgebäuden sind die seit 1945 nur mehr in Resten erhaltenen Fenster
des nördlichen, an der Kirche gelegenen Flügels des Kreuzganges, der unter Propst Johannes Weigergang (1374—1412)
errichtet und zu seiner Zeit wie auch unter seinem Nachfolger Heinrich Bodenstedt (1412—1433) mit Glasgemälden
ausgestattet worden war, teils als Stiftungen der beiden Pröpste, teils als Geschenke benachbarter Klöster oder befreun-
deter Personen. Urkundliche Belege hierzu fehlen, doch noch 1764 beschreibt Gebhardi sehr fein gemahlte und gebrante
Fenster, worin in Lebens Große allemahl drei Heilige unter drey Thronhimmeln sitzen. Über den Himmeln ist in jeder Ekke
ein Wapenschild (s. Reg. Nr. 55, S. 395). Im einzelnen nennt er das Verklärungsfenster (heute in nord V; Abb. 139),
Scheiben mit dem Bild des Erzengels Raphael, die Darstellungen der Hll. Brigida und Scholastica (heute in nord
II, 3 b bzw. nord IV, 3 b; Abb. 157^); außerdem zeichnet er sorgfältig die Stifterwappen in den Maßwerkzwickeln
(Taf. XVIa, b). Gebhardi beschreibt Scheiben und Wappen von Westen nach Osten; ihre Anordnung dürfte nach
seinen Angaben von Osten nach Westen folgende gewesen sein:
nord I Wappen (Nr. 7) des Ignatius von Ilten, Abt des Zisterzienserklosters Scharnebeck (?); Wappen (Nr. 9)
der Familie von dem Berge24,
nord II Figurenscheiben mit Hl. Brigida (heute in nord II, 3 b) und Hl. Scholastica (heute in nord IV, 3 b); Wappen
(Nr. 6) von Propst Johannes Weigergang (nord II, 4a, Abb. 140) und (Nr. 8) von Rupert von Nortlo,
Propst zu Uelzen (nord II, 4c; Abb. 141),
nord III zweimal das Wappen der Lüneburger Patrizierfamilie Semmelbecker25,
nord IV der Engel Raphael mit der Beyschrift ego sum Raphael, huius-, Wappen (Nr. 5) eines Unbekannten (nord IV,
4a; Abb. 142), Wappen (Nr. 4), nach Gebhardi des Dietrich Hogeherte, 1420 Prior des Lüneburger Michae-
lisklosters, oder des Johann Hogeherte, 1400 Cantor, 1430 Prior zu Ratzeburg (nord IV, 4c; Abb. 143)26,
nord V zweimal das Wappen (Nr. 2) des Lüner Propstes Heinrich von Bodenstedt (nord V, 4a/c; Abb. 144!.),
nord VI das gleiche Wappen zweimal,
nord VII Verklärungsfenster mit den Gestalten des Elias und Christi (jetzt in nord V; Abb. 139), begleitet von
zwei unbekannten Wappen.
Nach den Wirren im Lüneburger »Prälatenkrieg« unter Propst Diedrich Schaper (1440—1451 bzw. 1457) und nach
der Klosterreform von 1481 waren die Domina Sophia von Bodendike (1481—1504) und Propst Nikolaus Schomaker
(1494—1506) ständig um den Ausbau des Klosters bemüht. Ihre Nachfolger Mechtild Wilde (1504—1535) und Johannes
Lorber (15 06—15 29) setzten die Bautätigkeit fort. Die Domina bemühte sich besonders, die Klausur mit neuen Glasmale-
reien auszustatten; in ihren Briefen bittet sie Freunde und Gönner um Fensterstiftungen und sichert als Gegengabe
Gebete für ihr Seelenheil und weltliches Wohlergehen, Memorienfeiern oder die Teilhabe an allen guten Werken
des Klosters zu. Meist geht es ihr darum, daß die überwiegend in Lüneburg ansässigen Stifter bereits fertiggestellte
Fenster bezahlen. Daß diese in lüneburgischen Werkstätten gefertigt wurden, ist mit Sicherheit anzunehmen, teilweise

21 H. W.H. Mithoff, 1877, S. 121, erwähnt die Nonnenchorfenster mit
den Stifterbildern als bereits verloren und nennt nach Müller (s.
Anm. 18), Sophia von Bodendike und Propst Nikolaus Graurock als
deren Stifter.
22 M. Mollenhauer, Urkundenkatalog, S. 222-227.
23 H. W.H. Mithoff, 1877, S. 128; T. Knauf, 1974, Abb. S. 70, In I,
ja steht das Vollwappen der Domina mit der unvollständigen Unter-
schrift K MEDINGjlN LVNE i}86, daneben in 3 b das Kloster-
wappen mit der Figur des Klosterpatrons Bartholomäus und der Unter-

schrift: DE VORSAMLING IN LV NE i;86.
24 Mechtild (Mette) von dem Berge war 1458—1468 Domina, davor si-
cherlich Nonne in Lüne.
25 Drude Semmelbecker ist 1415 und 1422 als Priorin in Lüne genannt;
sie stirbt nach J.H. Büttner, 1704, im Jahre 1438. - Reste dieser Wap-
penscheiben sind wahrscheinlich die Semmelbecker-Wappen in den Fen-
stern III und IV des Ostflügels (Abb. 161).
26 H.-J. v. Witzendorff, 1953, S. 52. Gertrud und Elisabeth Hogeherte
waren 1391—1422 Nonnen in Lüne.
 
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