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XV.
Ingeborg nach der Versöhnung mit ihrem
Gatten.
Zwanzig Jahre waren vergangen, seit Ingeborg in
Amiens gekrönt war, seit sie verstossen wurde. Waren
die Gründe der plötzlich ausbrechenden, tiefgehenden
und, wie es zwei Jahrzehnte hindurch schien, unüber-
windlichen Abneigung des Königs persönlicher Art ge-
wesen, so hatte sich in der Folgezeit das Schicksal der
Königin vielfältig mit den grossen politischen Kombina-
tionen der Zeit verschlungen, und politische Verhältnisse
oder aus solchen hergeleitete Erwägungen haben, wie
man annehmen muss, endlich ihren Leiden ein Ende
gemacht, der Gefangenen die Thore des Schlosses von
Etampes geöffnet.
Nicht ein Machtwort und nicht eine der vielfältigen
Ermahnungen des Papstes hat dies bewirkt, obwohl nicht
verkannt werden soll, dass Innocenz III. durch die Ein-
wirkung auf Guarinus mittelbar etwas zu dieser späten
Wendung der Schicksale Ingeborgs beigetragen haben
mag. Nicht dem Papste wird dieser Ausgang der An-
gelegenheit angerechnet werden können, sondern man
wird ihn politischen Konstellationen und Erwägungen
zuschreiben müssen, die vielmehr aus dem Misstrauen
Philipps gegen seinen päpstlichen Auftraggeber — aus
einem Misstrauen, welches sich bald als begründet er-
wies — hervorgegangen scheinen.
Der Papst hatte im Beginn seines Pontifikats die
XV.
Ingeborg nach der Versöhnung mit ihrem
Gatten.
Zwanzig Jahre waren vergangen, seit Ingeborg in
Amiens gekrönt war, seit sie verstossen wurde. Waren
die Gründe der plötzlich ausbrechenden, tiefgehenden
und, wie es zwei Jahrzehnte hindurch schien, unüber-
windlichen Abneigung des Königs persönlicher Art ge-
wesen, so hatte sich in der Folgezeit das Schicksal der
Königin vielfältig mit den grossen politischen Kombina-
tionen der Zeit verschlungen, und politische Verhältnisse
oder aus solchen hergeleitete Erwägungen haben, wie
man annehmen muss, endlich ihren Leiden ein Ende
gemacht, der Gefangenen die Thore des Schlosses von
Etampes geöffnet.
Nicht ein Machtwort und nicht eine der vielfältigen
Ermahnungen des Papstes hat dies bewirkt, obwohl nicht
verkannt werden soll, dass Innocenz III. durch die Ein-
wirkung auf Guarinus mittelbar etwas zu dieser späten
Wendung der Schicksale Ingeborgs beigetragen haben
mag. Nicht dem Papste wird dieser Ausgang der An-
gelegenheit angerechnet werden können, sondern man
wird ihn politischen Konstellationen und Erwägungen
zuschreiben müssen, die vielmehr aus dem Misstrauen
Philipps gegen seinen päpstlichen Auftraggeber — aus
einem Misstrauen, welches sich bald als begründet er-
wies — hervorgegangen scheinen.
Der Papst hatte im Beginn seines Pontifikats die