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Debler, Werner [Hrsg.]; Aderbauer, Herbert [Bearb.]
300 Jahre Dreifaltigkeitskapelle in Schwäbisch Gmünd: 1693 - 1993; Geschichte und Geschichten — Schwäbisch Gmünd, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.42984#0044
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Standort und Kunstwerke der Dreifaltigkeitskapelle
Werner Debler


s gehört bei den Familien der katholischen Stadtgemeinde
von Schwäbisch Gmünd und der umliegenden Ortschaften
zur guten Tradition, am Dreifaltigkeitssonntag (1. Sonntag
nach Pfingsten) der gleichnamigen Kapelle am Ende der
Dominikus-Debler-Straße, unweit der Pfeilhalde gelegen,
einen Besuch abzustatten . . . Waren es in früheren Jahren
noch Prozessionen, die sich auf den Weg zur Kapelle
machten, so kommen die Gläubigen heute in kleinen Grup-
pen, jedoch jedes Jahr zahlreicher.“1

Das Altarbild von Pfarrer Johannes Debler (1893)
Im Mittelpunkt des Dreifaltigkeitsfestes stand und steht das große Ölgemälde, das „zum
200. Jubelfeste von Pfarrer J. Debler im Mai 1893“2 gemalt wurde und das jedes Jahr im
Freien, von Blumen, Kruzifix und Kerzenleuchtem umrahmt und von kleinen Linden-
bäumchen umstanden, vor der Kapelle aufgestellt wird.
Das mannsgroße Bild (170 x 123 cm, Öl auf Leinwand), 1893 als Nachfolgebild des
ersten Gemäldes von 1693 gemalt, veranschaulicht im oberen Bereich die himmlische
Szene des Gnadenstuhls, eine Darstellungsform der Trinität, in der Gottvater den Sohn als
Gekreuzigten im Schoß hält. Über ihnen schwebt im Strahlenkranz die Taube des Heiligen
Geistes. Je drei Engel kommen von den Seiten herzu. Darunter beten Maria und Johannes
als Fürbitter der Menschen, wie man sie aus Darstellungen des Jüngsten Gerichts kennt.
Sie knien in einer dunklen Wolkenbank, die eine muntere Puttenschar säumt. Die Putten
halten ein verschlungenes Schriftband mit dem Text: „Anno 1693 hat Abraham Franz und
seine liebe Hausfrau Ursula zu Ehren der Hl. Dreifaltigkeit wegen einer wunderbaren
Begebenheit diese Kapelle errichten lassen. Gedenke, daß Du den Sabbat heiligest.“ Nun
wechseln in einem weichen Übergang die Farben zur Schilderung dieser Welt und der hier
mitzuteilenden Begebenheit: In eine weite, grüne Talaue mit dem Waldstetter Bach ist
links die ummauerte Stadt Gmünd mit dem Salvator eingebettet. Weit vor ihren Toren
steht die Dreifaltigkeitskapelle, in die soeben eine Prozession, von Fahnenträgern ange-
führt, einzieht. Von der Kapelle führt ein Weg zum Vordergrund, wo Abraham Franz im
Zeitkostüm das Mirakel des Vogelschusses illustriert: Rechts steht der Jäger Franz, links
betrachtet er voller Erstaunen den Rosenkranz, während der Rabe (oder eine Amsel?) im
Hintergrund davonfliegt. Zwischen den beiden Figuren steht ein Baum, der auf seine
Weise Macht und Eingriff der himmlischen Welt sichtbar macht: Sein Stamm geht über in
das Kreuzesholz Christi.
Pfarrer Debler hat ein inhaltsreiches und zugleich symbolhaltiges Bild geschaffen. Der
begabte Maler formulierte dabei in der Tradition nazarenischer Kunstanschauungen. Zwei-
fellos hatte er für die obere Szene bildhafte Vorlagen, doch in der belebten Landschaftsku-
lisse war er auf sein Können allein angewiesen. So bleibt ihm das Verdienst, eine gedan-
kenreiche Paraphrase des älteren Bildes geschaffen zu haben.

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