Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Delpy, Egbert
Die Legende von der Heiligen Ursula in der Kölner Malerschule — Heidelberg, 1901

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.65672#0212
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
170 —

höchst vornehm und feierlich sich gebahrenden Hofgesell-
schaft, wie dann von beiden Seiten her aus weit in die
Tiefe sich verlierenden Perspektiven einmal ein dämmeriger
Schein aus dem Kircheninterieur rechts, dann weiter ein
hellerer Sonnenglanz von der breiten Strasse links her
über die verschiedenen Gesichter und Gestalten fällt, so-
dass ein jedes in eigener Beleuchtung sich vom andern
abhebt, wie durch dieses Spiel verschiedenster Lichter und
Schatten die sonst eintönige Gruppe lauter roter Gewänder
im Mittelpunkt belebt und nuanciert und gegen die grell
hervortretende, im Licht erglänzende Figur des Jünglings
ganz rechts vorn kontrastierend ins Gleichgewicht gesetzt
wird, da ist aller Steifheit der Figuren und aller Kälte der
Farben zum Trotz ein solch vibrierendes Leben in diese
Darstellung gebracht, dass sie doch mit am unmittelbarsten
und frischesten zu wirken vermag in der ganzen Schar
ihrer Genossinnen!
Bringt man diese ganze Lichtwirkung in Wegfall, lässt
ferner den Wechsel lebhafter Farben ganz in einem stumpfen,
grauen Gesamtton erstreben, kompliziert dagegen das Spiel
der Durchblicke noch um ein beträchtiches, so hat man
bei unverändert beigehaltener Typenbildung den Charakter
der folgenden Scene die im Kölner Museum (No. 259)
auf bewahrt wird. Das Erstaunlichste ist hier wirklich nach
der Seite des Perspektivischen geleistet, während alles
übrige weit weniger zu erfreuen vermag. Das Königs-
paar kniet mit der kaum erblühten Tochter vor dem Altai-
einer Schlosskapelle, von welcher aus man durch weit sich
öffnende Portale zur Linken in säulengetragene Gemächer
und nach hinten durch verschiedene hochragende Säle,
die alle mit Gruppen plaudernder Hofleute belebt sind, bis
hinauf in die Fluchtlinie einer verkehrsreichen Strasse zu
schauen vermag. Der Eindruck der räumlichen Illusion
bis in alle Tiefen hinein ist hier mit vollendeter Meisterschaft
erreicht. Die Figuren der Hauptgruppe sehr matt und
wenig körperlich. Von der Hand des Meisters jedenfalls
die ganze Komposition und räumliche Anlage, in der Aus-
führung wohl mancherlei Schülerarbeit.
 
Annotationen