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Delpy, Egbert
Die Legende von der Heiligen Ursula in der Kölner Malerschule — Heidelberg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.65672#0064
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— 50 —

Die Legende fand mithin ihre erste scenische Ge-
staltung durch einen Künstler, der, in der Nähe und unter
dem Einfluss Wynrichs gross geworden, dessen freiere
malerische Behandlung und hohen Schönheitssinn verband
mit einem lebhaften Gefühl für Anschaulichkeit und Natur-
wahrheit der Schilderung, wodurch er in den Stand gesetzt
war, eine Reihe zum Teil trefflich gezeichneter, von feiner
Beobachtung zeugender Episoden nebeneinander in den Raum
zu setzen, welche freilich trotz aller ausgeklügelter Be-
mühungen nur eines, und zwar die Hauptsache, vermissen
lassen, den intimen, alle Einzelheiten zu einem grossen
geschlossenen Ganzen verknüpfenden Zusammenhang.
Von Meister Wilhelm bis zu Stephan Lochner
ist zeitlich nur ein kleiner, in künstlerischer Hinsicht ein
ganz gewaltiger Schritt; ein volles Lebensalter spezifisch
Kölnischer vom Fremden noch unberührter Kunst liegt
zwischen den Anfängen des ersten und dem Hauptwerke
Stephans eingeschlossen; dort das Erwachen zu einer in
idealer Reinheit und Schönheit schwelgenden ersten selbst-
ständigen Kunstäusserung, hier diese Kunst zum Voll-
bewusstsein ihrer Schaffenskraft entwickelt, eine strotzende
Fülle sinnlichen Behagens und kräftigen, frohgemuten
Lebensgenusses von sich ausströmend. Einem solchen
Empfinden konnte die eingehende Darstellung einer Marter-
scene, die lauter grelle Leidensmomente aneinanderreihte,
schwerlich behagen; der Meister des Dombildes hat sich
denn auch diesem Stoff durchaus fern gehalten, sodass
der eben besprochene erste Versuch in dem Werke aus
der Schule Wilhelms vorerst unberücksichtigt und ohne
weitere Entwicklung blieb. Aber auch Meister Stephan
ist nicht an der Legende der heiligen Ursula vorüber-
gegangen, ohne ihr seinen künstlerischen Tribut zu ent-
richten, hat er ihr doch den linken Flügel seines welt-
berühmten Meisterwerks im Kölner Dom eingeräumt und
sie dadurch auf immer mit dem erhabensten Gipfelpunkt
der Kölner Kunst innig verknüpft.
Auf dieser Tafel, deren Mittelbild in seiner Anbetung
der Könige das freudigste Leben, das festlichste Gepränge
 
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