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Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 1.1910

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III. Gesetzliche Denkmalpflege
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B. Gesetzgebung im Inlande und Auslande
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Gesetzgebung in der Schweiz
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Botschaft des großen Rates des Kantons Bern an das Volk
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https://doi.org/10.11588/diglit.29654#0218

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Gesetzgebung in der Schweiz.

Auf den Inhalt komme ich, weil eben an dem, was ich im vorigen
Jahre ausführte, gar nichts zu ändern ist, nicht zurück. Wir haben über
die Anfänge weiterer Bestrebungen und über die Ansätze zu weiteren
Gesetzen ja von Herrn Professor Dr. Zernp sehr interessante Mitteilungen
erhalten, und so wollen wir hoffen, daß diese beiden Gesetze von Waadt und
Bern, welche, nebenbei gesagt, ja wörtlich vollkommen übereinstimmen, in
der Schweiz noch recht viele Nachfolge finden mögen und daß auch die
Frage eines Gesamtgesetzes für die ganze Schweiz in einer glücklichen Weise
gelöst werde.

Die Berner Botschaft und das Berner Gesetz haben folgenden
Wortlaut:

Botschaft des Großen Rates des Kantons Bern an das Volk

Werte Mitbürger!

Das Berner Volk hat sich am 16. März 1902 über die Annahme des
Gesetzes betreffend die Erhaltung der Kunstaltertümer und Urkunden zu
entscheiden, welches vom Großen Rat durchberaten und am 27. November
abhin mit großer Mehrheit beschlossen worden ist.

Wie der Titel des Gesetzes es ausspricht, hat dieses den Zweck, zu
verhindern, daß Baudenkmäler, Stadttore, Türme, Schlösser, Rathäuser,
Kirchen zerstört oder durch mißlungene Reparaturen verunstaltet, ferner
daß wertvolle Kunstaltertümer, wie gemalte Scheiben, außer Landes ver-
äußert und daß Urkunden von geschichtlichem Wert zerstört werden oder
verloren gehen.

Das Gesetz bezieht sich nur auf solche Gegenstände, die dem Staat,
den Gemeinden oder öffentlich-rechtlichen Korporationen, wie Bürgerschaften
und Zünften gehören. Doch können Private die in ihrem Besitz befindlichen
Kunstaltertümer auch unter den Schutz des Gesetzes stellen. Sie sind aber
vollständig frei, es zu tun oder nicht. Niemand kann sie dazu zwingen.

Der Schutz der Kunstaltertümer vor Zerstörung, Verunstaltung, Aus-
fuhr und Verlust wird dadurch geschaffen, daß solche Gegenstände in ein
staatliches Inventar eingetragen werden und von der Eintragung an als un-
veräußerlich erklärt werden. Dazu kommt für die Baudenkmäler, daß zu
Reparaturen, Abänderungen, Restauration und Abtragung die Bewilligung
des Regierungsrates eingeholt werden muß. Zum Zweck von Reparaturen
und Restaurationen kann der Staat Beiträge leisten.

Der Schutz findet also durch eine Beschränkung des Eigentumes statt;
denn eine solche ist das Veräußerungsverbot. Man kann nun aber jemand
nicht anders verhindern, einen Gegenstand ins Ausland zu veräußern, als
indem man ihm überhaupt verbietet, denselben zu verkaufen. Übrigens be-
zieht sich das Veräußerungsverbot auf solche Gegenstände, bezüglich deren
die Eigentümer, die Gemeinden und Kirchengemeinden sowieso nicht das volle
Verfügungsrecht besitzen, insofern nämlich, als sie durch das Oberaufsichts-
recht des Staates in ihrem Eigentumsrecht beschränkt sind. Auch ist zu
bemerken, daß wenn eine Gemeinde oder eine öffentlich-rechtliche Korporation
in die Lage kommt, ein Kunstaltertum versilbern zu müssen, sie es dem Staat
 
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