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Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 1.1910

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III. Gesetzliche Denkmalpflege
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B. Gesetzgebung im Inlande und Auslande
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Gesetzgebung in Spanien und Italien
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https://doi.org/10.11588/diglit.29654#0211

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Gesetzgebung in Spanien und Italien.

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stärker ist die Reaktion der idealen Mächte; je mehr die einen sich der Ge-
staltung der Gegenwart zuwenden, um so mehr werden die andern das Ver-
mächtnis der Vergangenheit hochhalten.
Als vor mehr als 80 Jahren die grolle wirtschaftliche Gesetzgebung
durchgeführt wurde und der preußische Zolltarif erschien, da war auch zu-
gleich der Geburtstag des ersten preußischen Gesetzentwurfs über eine
Regelung der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes. Und wohin wir
blicken in den andern Staaten, wir werden dieselbe Erscheinung finden.
Wohl hat jeder Staat rings um uns her die Sache in seiner Weise zu
regeln versucht: England in seiner praktischen konkreten AVeise, Dänemark
mit der trefflichen lokalen Organisation, die das Land auszeichnet, Frankreich
mit dem ganzen Glanz, der seine zentrale Bureaukratie umgibt, der ferne
Osten mit der strengen Durchführung des autokratischen Staatsprinzips.
Ich möchte Sie einen Augenblick noch hinweisen auf die neuesten Er-
scheinungen im Süden, auf Spanien und Italien.
Spanien hat in trüben Zeiten sich auf seine große Geschichte besonnen,
und wir sehen, daß die spanische Regierung bereits im vorigen Jahre durch
ein Königl. Dekret die Inventarisation der Denkmäler angeordnet hat. Ein
vollständiger Gesetzentwurf vom 7. Dezember v. J., der dem spanischen
Oberhause unterbreitet wurde, sollte in umfassender AVeise den Schutz und
die Erhaltung der Altertümer sichern.
Rach Artikel 1 sind unter «Altertümern“ verstanden die architek-
tonischen Monumente, die Skulpturen und Gemälde, Inschriften, Bücher,
Handschriften, Münzen und Modelle, Kleidungsstücke, Waffen und alle archäo-
logischen Gegenstände, die in irgend welcher Weise zur Förderung der Ge-
schichte und zur Erinnerung an glorreiche Ereignisse dienen. Es werden
auch inbegriffen alle Gegenstände der modernsten Zeit bis zum Ende des
verflossenen Jahrhunderts, die ihrer Seltenheit wegen oder in Berücksichti-
gung ihres Wertes für das Studium der vaterländischen Geschichte oder die
Darstellung nationaler Rumestaten als solche von öffentlichem Nutzen und
für wichtig für die allgemeine Bildung erklärt werden.
Ich übergehe die einzelnen Vorschriften, weil der Entwurf einstweilen
von der Regierung zurückgezogen ist und erst in der nächsten Session in
veränderter Form wieder vorgelegt werden soll.
Italien hat nach den mancherlei vergeblichen Versuchen im Dezember
v. J. einen umfassenden Gesetzentwurf vorgelegt, der in durchgreifender
Weise, fast, möchte ich sagen, mit einer gewissen Strenge, abgefaßt ist und
in dieser Beziehung dem verstandesmäßigen Aufbau des jungen Staatswesens
entspricht.
Gestatten Sie mir, Ihnen einzelne hauptsächliche Bestimmungen dieses
Gesetzentwurfs vorzutragen, weil sie von Bedeutung sein werden für unsere
Ziele, und weil wir sehen, daß dieselben Ziele in anderen Staaten in der-
selben Weise verfolgt werden.
Der Artikel 1 sagt: «Jedes bewegliche oder unbewegliche Werk von
geschichtlichem oder künstlerischem Werte wird zu den Zwecken des vor-
liegenden Gesetzes als Denkmal betrachtet. Das Gesetz selbst kommt bei
Kunstwerken vor dem 50. Jahre seit deren Ausführung nicht in Anwendung,
ebensowenig bei Werken lebender Meister.“

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