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Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 1.1910

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IV. Kommunale Denkmalpflege
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Städtische Kunstkommissionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.29654#0381

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Städtische Kimstkommissionen.

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wünschenswert. In Preußen sind ja durch das Gesetz gegen Verunstaltung
in Stadt und Land vom 15. Juli 1907 die Kommunen erst recht eigentlich
zum Hüter ihrer Denkmäler gemacht worden.
Es ist wohl wenig bekannt, daß schon im Jahre 1815 Karl Fried-
rich Schinkel in einer Eingabe an die preußische Regierung «Schutz-
deputationen in den einzelnen Städten zur Wahrung der Verbindung mit der
geschichtlichen Vergangenheit des Volkes, zur Beförderung der nationalen
Bildung und des Interesses an den früheren Schicksalen des Vaterlandes“
gefordert hat.
Zweifellos wäre viel Köstliches in unseren alten deutschen Städten
erhalten geblieben, wenn damals, vor fast einem Jahrhundert, in der Zeit
der Begeisterung für nationale Denkmäler, diese «Schutzdeputationen“ in den
einzelnen Städten eingesetzt worden wären. Aber eine Zeit, der nicht einmal
auf politischem Gebiete die Einigung des A^aterlandes gelang, versagte natür-
lich auch auf diesem Teilgebiete nationalen Empfindens. Wie sich in der Zeit
der Heiligen Allianz ein Mehltau auf alle vaterländischen Bestrebungen legte,
so auch auf die Ausführung dieses so naheliegenden praktischen Vorschlages.
Er ist auf dem Papiere stehen geblieben — wie all die schönen von den
Führern der Romantik entworfenen Programme zum Schutze vaterländischer
Denkmäler. Fast 80 Jahre vergingen, bis in einigen wenigen Städten der
Vorschlag Schinkels feste Gestalt gewonnen hat, 80 Jahre, in denen große
Gleichgültigkeit gegen die vaterländischen Denkmäler sich wieder breitmachte
und vieles Unersetzliche zerstört wurde.
Jetzt nach fast einem Jahrhundert sind es kaum zwei Dutzend deutscher
Städte, die sich einer solchen Schutzdeputation erfreuen.
Man darf nicht ohne weiteres behaupten, daß ihre Einsetzung durch
die mittlerweile in den meisten Ländern eingerichtete staatliche Denkmalpflege
überflüssig geworden sei. Eine an historischen Baudenkmälern und malerischen
alten Straßenbildern reiche Stadt, die plötzlich von der modernen Entwicke-
lung und damit in der Regel zugleich von habgierigem Bauspekulantentum
erfaßt wird, ist ein so empfindlicher und komplizierter Organismus, daß er
sehr wohl einen Spezial - Leib- und Hausarzt in Gestalt einer städtischen
Denkmalpflegekommission beanspruchen darf. Eine Behandlung des Patienten
im allgemeinen großen Landeskrankenhause ist nicht immer ausreichend. Vor
allem würde eine solche Spezialkommission auch darüber zu wachen haben,
daß die in der Staatsapotheke oder in dem Ortsstatut gegen Verunstaltung
des Stadtbildes für den Kranken bereitstehenden Medikamente ihm auch tat-
sächlich und rechtzeitig und in der richtigen Dosis verabreicht werden und
nicht bloß schön etikettiert im Schranke stehen bleiben.
Im einzelnen würden ihre Aufgaben folgende sein: Sie würde darauf
hinzuwirken haben,
1. daß künstlerisch oder geschichtlich wertvolle ältere Gebäude, na-
mentlich die in Privatbesitz, so lange und so gut als irgend möglich erhalten,
Änderungen und Restaurierungen nur in dringenden Fällen und unter mög-
lichster Schonung des geschichtlich Gewordenen vorgenommen werden;
2. daß bei Straßenverbreiterungen, Regulierungen und Durchbrüchen
Übertreibungen vermieden, wertvolle Baugruppen geschont werden;
 
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