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Vorbildung zur Denkmalpflege.
Dehio hat diese Dinge im zweiten Teil seiner Rede berührt, wo er
von der Vorbildung des Architekten für den Beruf des Denkmalpflegers
■spricht. Er sagt da nach dem Wortlaut des Protokolls: «Zuerst wird zu
fragen sein: was bringt er aus seiner bisherigen technisch-künstlerischen
Erziehung für die Denkmalpflege mit? Zweifellos eine Menge höchst schätz-
barer einzelner Kenntnisse und Fertigkeiten, die ich nicht erst zu nennen
brauche. Ebenso zweifellos aber keine wissenschaftliche Gesamtanschauung.
Der Lehrplan der Technischen Hochschulen hat ja in anerkennenswerter
Weitherzigkeit auch für Vorlesungen in der allgemeinen Kunstgeschichte
gesorgt; es wird damit den heranwachsenden Architekten ein wertvoller
Umblick und Ausblick gewährt; aber darüber ist ja kein Wort zu verlieren,
daß dem Lehrer der Kunstgeschichte an den Technischen Hochschulen ein
weit geringerer Spielraum zur Verfügung steht, daß dieser Unterricht nicht
das leisten kann und will, was der Spezialbetrieb der Kunstgeschichte an
den Universitäten anstrebt.“
Also unseren Studierenden fehlt eine «wissenschaftliche Gesamt-
anschauung.“
Ja, meine Herren, bis zu gewissem Grade werden wir sehen, ist dieses
ja auch richtig. Aber zunächst: was meint Dehio mit dem Mangel der wissen-
schaftlichen Gesamtanschauung? (Herr Professor Dehio: kunstwissenschaftlich
habe ich gesagt!) — Es steht hier im Protokoll gedruckt: «wissenschaftlich.“
Ich halte natürlich auch die Ergänzung in «kunstwissenschaftlich“ für selbst-
verständlich; in diesem Zusammenhang kann ja nur von einer kunstwissen-
schaftlichen Gesamtanschauung die Rede sein.
Ich frage nun: was heißt kunstwissenschaftliche Gesamtanschauung?
Soll es heißen: wissenschaftliche Anschauung der gesamten Kunstgeschichte,
■so möchte ich den verehrten Redner auf die Programme unserer Technischen
Hochschulen hinweisen, die zweifellos ergeben werden, daß wir nach dieser
Richtung hin sehr viel vollständiger in unserem Lehrprogramm vorzugehen
pflegen, als es auf den Universitäten der Fall ist. Wir pflegen im Durchschnitt
wohl in vier Semestern das ganze Gebiet der Kunstgeschichte zu behandeln
und zwar nicht besonders die Architekturge'schichte, sondern die ganze Ent-
wickelung der Kunst von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, an
manchen Hochschulen bis in die Moderne hinein, während es an den Universi-
täten in der Regel an solchen zusammenhängenden Vorträgen fehlt. .Also
das soll jedenfalls die kunstgeschichtliche Gesamtanschauung nicht bedeuten.
Dehjo meint vielmehr wohl die wissenschaftliche Anschauung des gesamten
Zusammenhanges der künstlerischen und geschichtlichen Erscheinungen, wir
wollen sagen, die tiefere wissenschaftliche Erkenntnis, und da kann ich wohl
■sagen, bis zu einem gewissen Grade ist diese Anschauung eine richtige. Die
Universitäten sind uns naturgemäß darin voraus, und ich würde der Letzte
sein, das zu verkennen, der ich erstens selber von einer Universität komme,
wie wir Kunstgeschichtslehrer übrigens ja alle, der ich außerdem in meiner
Rektoratsrede vor zwei Jahren Gelegenheit genommen habe, ausführlich auf
fliesen Gegenstand einzugehen und zu betonen, worin der kunstgeschichtliche
Unterricht an den Technischen Hochschulen sich prinzipiell unterscheidet,
unterscheiden soll und muß von dem betreffenden Unterricht an den Univer-
sitäten. Ich habe nachgewiesen, wie die philosophische Fakultät einen ganz
anderen Rückhalt, einen ganz anderen Untergrund für die kunstwissenschaft-
Vorbildung zur Denkmalpflege.
Dehio hat diese Dinge im zweiten Teil seiner Rede berührt, wo er
von der Vorbildung des Architekten für den Beruf des Denkmalpflegers
■spricht. Er sagt da nach dem Wortlaut des Protokolls: «Zuerst wird zu
fragen sein: was bringt er aus seiner bisherigen technisch-künstlerischen
Erziehung für die Denkmalpflege mit? Zweifellos eine Menge höchst schätz-
barer einzelner Kenntnisse und Fertigkeiten, die ich nicht erst zu nennen
brauche. Ebenso zweifellos aber keine wissenschaftliche Gesamtanschauung.
Der Lehrplan der Technischen Hochschulen hat ja in anerkennenswerter
Weitherzigkeit auch für Vorlesungen in der allgemeinen Kunstgeschichte
gesorgt; es wird damit den heranwachsenden Architekten ein wertvoller
Umblick und Ausblick gewährt; aber darüber ist ja kein Wort zu verlieren,
daß dem Lehrer der Kunstgeschichte an den Technischen Hochschulen ein
weit geringerer Spielraum zur Verfügung steht, daß dieser Unterricht nicht
das leisten kann und will, was der Spezialbetrieb der Kunstgeschichte an
den Universitäten anstrebt.“
Also unseren Studierenden fehlt eine «wissenschaftliche Gesamt-
anschauung.“
Ja, meine Herren, bis zu gewissem Grade werden wir sehen, ist dieses
ja auch richtig. Aber zunächst: was meint Dehio mit dem Mangel der wissen-
schaftlichen Gesamtanschauung? (Herr Professor Dehio: kunstwissenschaftlich
habe ich gesagt!) — Es steht hier im Protokoll gedruckt: «wissenschaftlich.“
Ich halte natürlich auch die Ergänzung in «kunstwissenschaftlich“ für selbst-
verständlich; in diesem Zusammenhang kann ja nur von einer kunstwissen-
schaftlichen Gesamtanschauung die Rede sein.
Ich frage nun: was heißt kunstwissenschaftliche Gesamtanschauung?
Soll es heißen: wissenschaftliche Anschauung der gesamten Kunstgeschichte,
■so möchte ich den verehrten Redner auf die Programme unserer Technischen
Hochschulen hinweisen, die zweifellos ergeben werden, daß wir nach dieser
Richtung hin sehr viel vollständiger in unserem Lehrprogramm vorzugehen
pflegen, als es auf den Universitäten der Fall ist. Wir pflegen im Durchschnitt
wohl in vier Semestern das ganze Gebiet der Kunstgeschichte zu behandeln
und zwar nicht besonders die Architekturge'schichte, sondern die ganze Ent-
wickelung der Kunst von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, an
manchen Hochschulen bis in die Moderne hinein, während es an den Universi-
täten in der Regel an solchen zusammenhängenden Vorträgen fehlt. .Also
das soll jedenfalls die kunstgeschichtliche Gesamtanschauung nicht bedeuten.
Dehjo meint vielmehr wohl die wissenschaftliche Anschauung des gesamten
Zusammenhanges der künstlerischen und geschichtlichen Erscheinungen, wir
wollen sagen, die tiefere wissenschaftliche Erkenntnis, und da kann ich wohl
■sagen, bis zu einem gewissen Grade ist diese Anschauung eine richtige. Die
Universitäten sind uns naturgemäß darin voraus, und ich würde der Letzte
sein, das zu verkennen, der ich erstens selber von einer Universität komme,
wie wir Kunstgeschichtslehrer übrigens ja alle, der ich außerdem in meiner
Rektoratsrede vor zwei Jahren Gelegenheit genommen habe, ausführlich auf
fliesen Gegenstand einzugehen und zu betonen, worin der kunstgeschichtliche
Unterricht an den Technischen Hochschulen sich prinzipiell unterscheidet,
unterscheiden soll und muß von dem betreffenden Unterricht an den Univer-
sitäten. Ich habe nachgewiesen, wie die philosophische Fakultät einen ganz
anderen Rückhalt, einen ganz anderen Untergrund für die kunstwissenschaft-