Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 1.1910

DOI Heft:
II. Grundsätze für die Wiederherstellung der Baudenkmäler (Stilfragen)
DOI Artikel:
Dresden 1900
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.29654#0063

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Grundsätze für die Wiederherstellung der Baudenkmäler.

47

ziemlich völlige Übereinstimmung herausgebildet. Von den vielen Restaurie-
rungen seien hervorgehoben: Dom zu Köln, Münster zu Ulm, Notre Dame
zu Paris und die zum Teil noch nicht vollendeten Restaurationen der
Kathedralen zu Laon und Reims. Man hat Gelegenheit genug gehabt, Er-
fahrungen zu sammeln. Auch eine umfangreiche Literatur in Deutschland,
England, Frankreich und Italien ist hier in Betracht zu ziehen. Redner
ist gern der an ihn ergangenen Aufforderung gefolgt, die Gesichtspunkte
zusammenzutragen, von welchen aus heute die Restaurierungen von Bau-
denkmälern aufgefaßt werden. Natürlich können hier keine Regeln gegeben
werden, die für alle Fälle gelten. Aber das Durchdringen dieser Grundsätze
wird wohl stets das Richtige wählen lassen. Wegen Mangel an Zeit ist auf
die Literatur und die technische Seite der Frage nicht eingegangen. Nur
das Wesen der Restaurationsarbeiten wird hier behandelt werden.
Der Hauptzweck besteht im Wiederherstellen, dann aber auch
im Erweitern und Ausbauen eines Denkmals. Die hiermit verknüpfte
Tätigkeit erfordert Vorarbeiten und die eigentliche Ausführung. Zu den
Vorarbeiten gehören:
1. Untersuchung auf ursprüngliche Anlage, und zwar wie sie einst
gesund und neu war, und wie sie jetzt mangelhaft und schadhaft wurde.
2. Genaue zeichnerische Aufnahme, eine auch die Bauchronik
einschließende Beschreibung sowie Herstellung von Photographien des ganzen
Baues, seiner Teile und seiner Ausstattung.
3. Aufstellung des Vorentwurfes, also des Bauprojektes,
bestehend aus Zeichnungen, Kostenanschlägen und Erläuterungen.
Die eigentlichen Ausführungsarbeiten bestehen in einem bloßen Aus-
bessern, im Ersatz beschädigter Teile durch neue, in Fertigstellung unvoll-
endeter Teile, in der Ausführung von Vergrößerungen und Erweiterungen
oder endlich im Freilegen des Baudenkmals durch Beseitigung störender Ein-
und Anbauten.
Darauf besprach der Redner zuerst folgende, von ihm verfaßte und
jedem Teilnehmer gedruckt vorliegenden neun Grundregeln:
A. Grundregeln.
Erste Grundregel.
Die Pflicht der Erhaltung und Pflege erstreckt sich auf alle Baudenk-
mäler, die den geschichtlichen Stilrichtungen angehören, also auf diejenigen
aller Stile von den ältesten Zeiten bis zum Abschlüsse des baugeschichtlichen
Entwicklungsganges zu Ende des XVIII. Jahrhunderts.
Zweite Grundregel.
Alle geschichtlichen Stilrichtungen gelten in Hinsicht auf die Pflicht
der Erhaltung und Pflege ihrer Denkmäler für untereinander gleichwertig.
Dritte Grundregel.
Alle Tätigkeit des restaurierenden Architekten muß von einer tief-
wurzelnden Pietät für die Werke der Alten durchdrungen sein.
 
Annotationen