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Deri, Max
Die Stilarten der bildenden Kunst: im Wandel von zwei Jahrtausenden — Berlin [u.a.]: Bong, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.52615#0140
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134 D IE RENAISSANCE
das in den Bauten gefaßt wird, eine außerordent-
lich große Zahl von eigenartig schaffenden Künst-
lern in der Malerei und Plastik ab. Damit wird es
seit der Renaissance wieder möglich, neben dem
umfassenden Stilgefühle der Zeit eine Fülle von
Einzelpersönlichkeiten in ihrer individuellen Eigen-
art zu erleben und so mit den großen Erschütterun-
gen durch das Allgemeine die reichen Freuden zu
verbinden, die einmalige Artung und persönliches
Schicksal zu vermitteln vermögen.
Der zweite und noch wichtigere Faktor für das
Aufblühen von Wissenschaft und Kunst war die
Verdrängung der Religion aus der zentralen Stel-
lung, die sie bis dahin sowohl im Leben der Ge-
meinschaft wie im Bewußtsein des Einzelnen ein-
genommen hatte. Schon im Laufe des zwölften und
dreizehnten Jahrhunderts setzt dieser Vorgang ein.
Die Kreuzzüge machten den Europäer mit hoch-
entwickelten Kulturen des Orients bekannt, in denen
andere religiöse Bekenntnisse herrschten als im
Abendlande, und erschütterten so den Glauben an
die Unentbehrlichkeit und Unfehlbarkeit des Chri-
stentums; das Streben der Kirche, neben der geisti-
gen auch die weltliche Macht und irdischen Reich-
tum zu erringen, ließen den Widerspruch zwischen
Lehre und Leben allzu schroff hervortreten; die
wirtschaftliche Entwicklung sprengte alle alten Bin-
dungen und zerstörte mit diesen Bindungen die Ehr-
furcht vor der Tradition überhaupt. Diese und noch
 
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