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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 15.1994

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https://doi.org/10.11588/diglit.31839#0176

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i Diskussionen um Ethik haben Konjunktur. Wertorientierungen werden
allenthalben gefordert. Mit Recht. Design steht da nicht außerhalb.

In der Gestaltung und im Design fungiert Ethisches schon immer mehr oder
weniger als Legitimationsargument. Heute jedoch hat die Suche und das
Einfordern ethischer Grundsätze einen existentiellen Hintergrund.

Was macht aber die Schwierigkeit aus, verläßliche wertende Orientierungen
für das individuelle und das berufliche Handeln im Design zu finden?
Ledigiich moralisierende Diskussion ist leer. Nur sachlich nüchterne
Hinterfragung der Sachverhalte und Umstände kann (er)klärend wirken.
Dabei geht es nicht um abstrakte begriff 1 iche Bewältigung der
auftauchenden Fragen, sondern um ihren Bezug zur je praktischen,
lehrenden wie gestaltenden Tätigkeit.

'Designethik' klingt definitiv und behauptend. 'Ethik im Design’ läßt eine
inhärente Qualität vermuten. 'Design und Ethik' dagegen provoziert die
Auseinandersetzung in gegenseitiger Bestimmung und wechselseitigem
Wirken. Darum geht es.

Es kommt darauf an, den Zusammenhang nicht einfach zu postulieren,
sondern seine Notwendigkeit (oder Irrelevanz) von sich ergänzenden
disziplinären Positionen aus und von den unterschiedlichen Ebenen
individueller, gesellschaftlicher und globaler Komplexität her zu bestimmen.
So ist nicht nur danach zu fragen, wie eine je vorhandene ethische Einsicht
und Haltung Entscheidungen im Design motiviert, sondern auch, wie
bestimmte Sachverhalte, an denen Design mitwirkt oder die es sichersteilt,
ethische Grundsätze und moraiisches Verhalten, bewußt oder nicht,
erfordern, verändern, vielleicht sogar verdrängen.

Das Bewußtmachen der Konfliktbereiche und -ebenen, der Verwerfungen
und der Entfremdungen durch oberflächliche Instrumentalisierung von
Design könnte entkrampfend wirken. Mit der Schärfung des
Problembewußtseins wäre schon etwas gewonnen; denn guter Wille allein
oder gar euphorisches Sendungsbewußtsein ohne Wissens- und
Entscheidungskompetenzen ist wirkungslos.

Viele Studenten und aktive Designer spüren Konflikte bei ihrem Tun.
Individualethische Normen, so wenig man ihrer entbehren kann, reichen
nicht hin, um wirtschaftsethische Entscheidungen zu treffen. Eine betont
emotionale Fixierung auf globale ökologische Defizite verhindert noch nicht
inkompetentes, das heißt unwissendes Handeln.

Eines der offensichtlichen Probleme ist, ob Design in der bloßen Vermittlung
von Vermarktungs- und Kaufinteressen befangen bieibt, oder ob es sich
zusammen mit anderen Disziplinen, mit offenen Unternehmen und
öffentlichen Vertretungen einbringt - für vernünftige ökologische,
wirtschaftliche und soziale Alternativen - gegen verhärtete obsolete
industrielle Strukturen und egoistische ökonomisch-politische Interessen.
Immer mehr zeigt sich ein enger Bezug zwischen vernünftigem und
ethischem Handeln. So ist das Kolloquium 'Design & Ethik' eine direkte
Fortführung, eine Vertiefung und Erweiterung dessen, was im Kolloquium
des Herbstes 1990 zur Debatte stand: 'Vernunft sm Design'.

Denn, in der Verantwortung steht man nicht als Designer, sondern als
fühlender und denkender Mensch.
 
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