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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,2.1916

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Heft 7 (1. Januarheft 1916)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14292#0053
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wir mögen das doch eigentlich so,
daß auch noch BuLter drunter is."
tzeitere Zustimmung. And man war-
tet weiter eine viertel, eine halbe,
eine ganze Stunde auf seine But-
ter. Was der Krieg Opfer ver«

In der Elektrischen — der tzaupt«
fundgrube für „Blasen" wie „Per-
len" — ist eine sehr Elegante im
Alter zwischen dreißig und vierzig
herablassend gegen einen Backfisch,
der sie bestaunt. „Sehn Sie, meine
Liebe, es muß ja nicht sein, aber
wenn einmal, dann gut. Ich trinke
nur besten Kaffee mit gutem Rahm.
Gibt es keinen Rahm, dann klage
ich aber auch nicht, denn es sind
eben schwere Zeiten jetzt, dann nehme
ich ruhig Tee. Wenig, aber gut ist
mein Grundsatz, und Grundsätze
muß man haben."

Ein Verwundeter spaziert durch
den Sonnenschein der Promenade
daher. Bald haben sich einige Neu-
gierige um ihn versammelt. Der
eine hält ihm seine Zigarrentasche
hin, der andre steckt ihm ein Schäch-
telchen Zigaretten zu. Auf dem
Bürgersteig der andern SLraßen-
seite segelt behäbig ein Ehepaar mit
seinem Töchterchen. Er trägt in der
tzand den SLock mit silberner Krücke,
ihr schaukeln über dem breiten,
wohlwollenden Gesicht echte Strauß-
federn. Beim Anblick des Verwun-
deten steigt dem Vater der Gedanke
auf: Der brave Mann hat auch sür
uns geblutet, da müssen wir uns
wohl revanchieren. Nachdem er den
gewichtigen Geldbeutel hervorgezo-
gen und bedachtsam geprüft, sendet
er das Töchterchen mit einem Mark-
stück zum Kriegersmann. Als der
das Geldstück sieht, wird er rot,
nimmt's nicht und geht weiter. Vater
muß es wieder in den Geldbeutel
senken. Vater denkt nach.

T

Heimwärts im dichtgefüllten
Abendwagen. Drei kunstvoll fri-
sierte alte und junge Weiblichkeiten
und die beiden „soignierten" Herren
ihrer Begleitung fühlen sich so unter
sich, daß ihr Lachen und Scherzen
den Raum beherrscht. Betrachtun-
gen über das bevorstehende Essen
und Trinken und Klatsch, bei dem
man die Namen „diskret" nur an-
deutet. In der Wagenecke eine ein-
fache Frau mit tzandkorb. Ich habe
selten so sehr den Ausdruck des
Staunens, Zweifelns, Mchtauffas-
senkönnens gesehn, wie auf ihrem
Gesicht, als sie die laute Gesell-
schast anstarrt. Endlich steigt diese
aus, ich setze mich zu der Alten.
Ich kann mir nicht helfen, ich muß
ihr das sagen: „So sind nicht alle,
die Geld haben!" Da nickt sie ganz
eifrig: „Mcht wahr nicht? Mein
Iunge schreibt mir doch immer von
draußen, sein Leutnant wäre so gut
zu ihm.«

Ich hatte ein ExtrablaLL gekauft,
da tritt eine Zerlumpte auf mich zu.
„Ba, was is — Frieden?" „So
schnell geht's doch nicht, aber wie-
der ein Stück vorwärts, also ein
Stück näher am Frieden." Da
lacht sie und dreht sich um. „Kar-
Loffelfressen, Kartoffelfressen, Kartof-
felfressen". Schon ist sie, wie in der
Rnterwelt, in die Äacht verschwun-
den. Das war das einzige Mal in
dieser Zeit, daß mir's gegraust
hat.

Kleine Mitteilungen

4^n Sachen der Friedens-
E^bewegung haben sich auf Prof-
Aatorps Ausführungen hin noch
Dr. Alfred tz. Fried von der
Deutschen Friedensgesellschaft und
Prof. Fr. W. Förster zum Wort
gemeldet, während das Schlußwort
natürlich Natorp zusteht. Wir kön-
nen diese Auseinandersetzung dies-
mal noch nicht bringen, weil sich
 
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