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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,2.1916

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Heft 8 (2. Januarheft 1916)
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Der Diplomat
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https://doi.org/10.11588/diglit.14292#0062

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Der Diplornat

Gruppen von Vorwürfen gegen unsre Diplomatie treten deutlich
^^/hervor. Die erste und die zweite sind sehr alt und vollauf durchsichtig.
^^Sie sind gegen die Auslese unserer Diplomatie und gegen ihre Vor-
bildung gerichtet.

Zunächst, was die Auslese betrifft: man findet, daß nicht die Tüch«
tigsten, sondern wegen ihres Standes und ihrer Verbindungen bevorzugte
Persönlichkeiten den „Nachwuchs" in der Diplomatie bilden: Adlige, Reiche.
Man fordert freien Wettbewerb. Der demokratische Gedanke unterstützt
die Sorge, daß aus einem überspannten aristokratischen Grundsatz dem
Neiche Schaden erwachsen könne. Das ist auch bei allen Reichstags-
rednern bisher nicht recht entkräftet worden, die Personalstatistik spricht
zu deutlich.

Tiefer zielt der zweite Vorwurf. Die ungeahnte Ausdehnung derWelt-
wirtschaft, die alle Länder mit allen Ländern verbindet und daher die
Politik, die wir in Bukarest machen, in irgendeinen Zusammenhang mit
unserer südamerikanischen oder norwegischen Politik setzt, dazu der An-
spruch, daß unsere Gesandten die gesamten Interessen der zahlreichen
Deutschen und des „Deutschtums im Ausland" wahrnehmen, stellen andre
Anforderungen an die Vorbildung unsrer auswärtigen Vertreter als
die früheren mehr höfischen Aufgaben. Es ist unbestreitbar, daß diese
Anforderungen noch nicht offiziell in den vorgeschriebenen Prüfungen für
Diplomaten hinreichend Ausdruck gefunden haben. Freilich ließe sich Abel-
ständen auf diesem Gebiete vielleicht anders begegnen; der kenntnisreichste
Mann ist nicht immer der zum tzandeln fähigste; vielleicht sollten unsre
Gesandtschaften mehr Beigeordnete, mehr tzilfskräfte mit ausgiebigen Geld-
mitteln und größerer Selbständigkeit haben, und vielleicht wäre damit
mehr zu erzielen als mit neuen Prüfungsordnungen. Aber all das täte
eine gründliche Denkschrift vonseiten der Opposition not.

Wie man sieht, zielen diese Vorwürfe auf die Verfassung oder jedenfalls
auf das tzerkommen, auf den Gebrauch. Sie haben die Kritik an diplo-
matischen Rnterlassungen oder tzandlungen nur zum Anlaß, zum tzinter-
grund. Das Gebiet der „Dunkelheiten" betritt erst, wer seinerseits die

Kritik an der Diplomatie näher betrachtet. tzierfür zwei Bei-
spiele.

2. Iariuarheft t9L6 (XXIX, 8)
 
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