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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,2.1916

DOI Heft:
Heft 9 (1. Februarheft 1916)
DOI Artikel:
Witte, Johannes: Was bedeutet Chinas Kaisertum?
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Frankreich über das geistige Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.14292#0119

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wollen kein zerstückeltes, geschwächtes, ohnmächtiges China, sondern ein
aufblühendes Land dort im Osten der Welt. Wir wollen nicht Welteroberer
seiN) wir wollen nicht anderer Eigenart und Leben vernichten, wir wollen
rnit den andern selbst emporsteigen zur Höhe echtesten und edelsten Men--
schentums. So können wir wahre Freunde Chinas sein, die in der Not
standhalten, Menschen, die auch diese fremde Welt verstehen und achten.

Ls ist eine innere Ahnlichkeit zwischen chinesischem und deutschem Geist
in der Ürsprünglichkeit und Tiefgründigkeit des Seelenlebens und im Ernst
der sittlichen Weltanschauung. Auch die Schwächen ähneln sich drüben und
bei uns in manchem. China hat in unsrer Kultur die Ausprägung west-
lichen Wesens erkannt, die ihm am meisten Gutes verspricht. Und der Krieg
hat China gezeigt, daß es mit Deutschland die gleichen Feinde hat. Deutsch«
land und China könnten sich viel nützen. Aber dazu müssen nicht nur wir,
dazu muß auch China stark sein. Darum bedeutet die Aeuaufrichtung des
Kaisertums für uns nur Gutes. sm^> Iohannes Witte

Frankreich über das geistige Deutschland

ber Deutschlands Einfluß auf Frankreich haben sich vor mehreren
/ 8 Iahren hervorragende französische Schriftsteller, Gelehrte und Künstler
^^bei einer Rmfrage ausgesprochen, die ein tieferes Verständnis für
deutsche Kultur anbahnen sollte. Wie schwer jedoch ein solches Verständnis
unsern Nachbarn fällt, wie stark der Glaube.an eigne Kultur-Äberlegenheit
ihr Arteil trübt, das ging aus den meisten dieser „mehr oder weniger durch-
dachten" Antworten schon damals hervor. Weitere traten an Wesentliches
mit völlig anderen inneren Voraussetzungen heran, sie mußten die
Dinge schief sehn. tzeute aber gewinnen alle diese Urteile eine sym-
ptomatische Bedeutung. Kein Zweifel: die Verständnislosigkeit gegenüber
der neuzeitlichen Cntwicklung Deutschlands hat in Frankreich seit Iahren
zugenommen. Ia, sie ist zum Teil zu einer grundsätzlichen Ablehnung
geworden, deren Rrsache nicht lediglich in den Creignissen von M0 und
in dem französischen Chauvinismus liegt.

Der deutsche Cinfluß auf Frankreich, der trotz der Propaganda der Frau
von Statzl für deutsche Kultur zunächst gleich Null blieb, gewann erst um
MO herum an Boden. Heine schrieb seine Aufsätze in der Revue des deux
Mondes, und seine Freunde Gerard de Berval und St. Rene Taillandier
übersetzten fleißig deutsche Dichtungen. In der Folgezeit wurden deutsche
Literatur und Wissenschaft sogar eifrig studiert; sie üben eine starke An-
ziehung auf Taine und Renan aus, deren Werke deutliche Spuren dieser
Studien tragen. Taine schreibt j852 an C. tzavet: „Ich versuche mich über
die Gegenwart zu trösten, indem ich die Deutschen lese; sie sind das, was
Cngland für Frankreich zu Zeiten Voltaires war. Ich finde in ihnen
Ideen genug, um ein ganzes Iahrhundert geistig zu befruchten." Cr
rühmt sodann die Geschichtsphilosophie tzegels, in der er „Pyramiden von
Ideen" sieht, „geeignet, jedem Franzosen, der sie zu erklimmen versucht,
die Beine zu brechen". Im Laufe der Zeit flaut allerdings seine Be-
geisterung für Hegel ab. Schließlich meint Taine, es sei ein Wunder, „daß
er nicht barbarisch bei diesen Studien werde" — er bezieht das vor allem
auf die schwerfällige Sprache Hegels und die Verschiedenheit deutscher und
französischer Denkarbeit.

Nach j860 wird es schwieriger, einen bestimmten Cinfluß Deutschlands auf
 
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