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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,2.1916

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Heft 11 (1. Märzheft 1916)
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Kleibömer, Georg: Die Türkei, von der türkischen Seite gesehn
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14292#0231

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unsre Hilfskräfte der aufstrebertden Türkei entziehen sollten. Daß wir das
nicht dürfen, versteht sich von selbst. Aber wir sollen unseren neuen Bun-
desfreunden gegenüber den Freundschafts-T a u m e l unterdrücken, sollen
vernünftig handeln, ihre und unsere Interessen wahren, sollen Rechte
und Pflichten genau regeln, ehe wir handeln. Da scheint es doch noch zu
fehlen.

Es ist allerdings wohl nicht leicht, in Deutschland ein unbefangenes,
objektives Bild von den hiesigen Verhältnissen zu gewinnen. Hätten
e r n st e Männer das im deutschen Volke vorhandene warme Interesse für
das türkische Volk gelenkt, so wüßten die Deutschen, daß sie in diesem Augen«
blick den Türken keinen besseren Freundschaftsdienst erweisen könnten, als
sie in Frieden zu lassen. Die türkische Volksseele ist gegenwärtig
so empfindlich, daß man besser nicht dran rühren sollte. Kommt ihnen
nicht mit Geschenken, ihr sät damit Mißtrauen! Ehrlich gesagt: Ich habe
hier noch nicht einen Deutschen gefunden, der nicht den Kopf geschüttelt
hätte über die schöne Idee, den Türken ein deutsch-türkisches Freundschafts-
haus aufzureden.

Wäre Lamprecht noch am Leben, so würde vielleicht sein Gedanke, daß
das Auslanddeutschtum die Vermittlungsstelle zwischen
unserm Vaterlande und den fremden Völkern bildenmuß,
durch sein wirksames Wort jetzt in die Tat umgesetzt werden in der Weise,
daß das deutsche Interesse für das türkische Volk auf die Deutschen
in der Türkei hingelenkt würde. Wollt ihr unser Verhältnis fördern, so
fördert die Kulturbestrebungen der Deutschen in der Türkei.
Von diesem Spiegel wird das Licht am besten zurückstrahlen nach drüben
hinüber, nach der andern Seite des Goldenen tzorns, zu den Türken. sm^

Konstantinopel GeorgKleibömer

Bom tzeute fürs Morgen

Von der rechten neutralen
Gesinnung

ald nachdem der Krieg ausgebro-
chen war, tat sich in den unbe«
teiligten Ländern ein eigentüm-
liches Problem auf: muß, wenn der
Staat neutral ist, auch der ein-
zelne Staatsbürger neutral
sein? Ilnd erstreckt sich die Neu-
tralität auch auf die Gesinnung?
Der neutrale Staat als solcher kennt
keine parteiergreifende Gesinnung,
er muß Recht oder Rnrecht der Kämp-
fenden dahingestellt sein lassen;
darin besteht eben seine Neutralität.
Müssen nun aber auch Müller und
Meier im neutralen Lande „keine
Gesinnung Haben" ? Müssen sie ihre
Zuneigungen und Abneigungen, ihre

Rrteile über Recht und Anrecht im
Vusen verschließen, ja selbst im
tzerzen ausrotten und sich eines
„schwebenden Seelenzustandes" be-
fleißigen?

Die neutralen Zeitungen gaben
durch ihren Inhalt verschiedene Ant-
worten. Die einen meinten: warum
soll ich eine Neutralität zeigen, die
nur des Staates Sache ist? Ich
bin frei, auch wenn die tzilfseinrich-
tung Staat gebunden ist. And sie
begeisterten und entrüsteten sich je
nachdem. Die andern aber sagten:
„als »Teile« des Staates sind wir
durch sein Verhalten gebunden —
also verletzen wir nach keiner Seite!^
Sie setzten die Meldungen und Be-
richte aus den kämpfenden Ländern
einfach nebeneinander und vermie-
 
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