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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

DOI Heft:
Heft 13 (1. Aprilheft 1916)
DOI Artikel:
Dehler, W. J.: Deutsche Kolonisation in Bosnien
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0031

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kennen zu lernen, und well hüben wie drüben in weiten Kreisen das gleich
ehrliche Verlangen besteht, sich besonders auch wirtschaftlich enger an-
einander zu schließen; auch nicht weil uns Deutschen in Bosnien ein
Stückchen Heirnaterde verborgen liegt, an dem wir Anteil haben sollen und
haben dürfen. Wieviel deutsche Scholle rnuß heute um der großen Sache
willen unbeachtet aus der Seite liegen! Nein, was die Teilnahme sür
dieses Stückchen deutscher Erde im slawischen Völkermeer in diesen Tagen
besonders berechtigt erscheinen läßt, ist der Umstand, daß hier auf
kleinem, übersehbarem Raum die Probleme der Kolo-
nisation überhaupt studiert werden können. Sie sind wirt-
schastlicher, völkischer und konsessioneller Art und schälen sich im bosnischen
Kolonisationsgebiet besonders deutlich heraus. Deswegen lohnt es sich
jetzt, da an beide verbündeten Reiche die Kolonisationsfrage bald heran-
treten muß, einen Blick auf das bosnische „Versuchsgebiet" zu wersen, und
sich da Anregungen geben zu lassen, wie man es nicht machen soll und
wohl auch, wie man es machen soll.

Es war noch zur Zeit der Türkenherrschaft, als deutsche Ordensbrüder,
Trappisten, es wagten, sich im Lande niederzulassen, sie taten's in der Nähe
von Banjaluka, also im fruchtbaren Norden am Rande der Saveebene.
Sie sicherten sich weite Gebiete zur Bewirtschaftung und waren die ersten
deutschen Kulturträger im Lande. Mit dem Berliner Vertrag M3 wurde
Bosnien Okkupationsland und kam damit unter österreichisch-ungarische
Verwaltung. Nun begannen geordnete Verhältnisse: das Land wurde von
Räubern völlig gesäubert, mit ausgezeichneten Straßen durchzogen und
zu einem wirklichen Kulturland erhoben. Nun war es auch den Trappisten
möglich, aus Deutschland Ansiedler nachzuziehen und auf völlig jungsräu-
lichem Boden die beiden heute blühenden Kolonien Rudolssthal und Wind-
horst anzulegen. Windhorst, das seinen Namen der Zeit des Bismarckschen
Kulturkampses verdankt, ist heute ein Dors von wenig unter 2000 Seelen.
In beiden Orten gibt es Bauern, die vor etwa dreißig Iahren mit fast
nichts kamen, und deren Vermögen heute Hunderttausende beträgt.

Der glänzende wirtschastliche Aufschwung dieser freien Siedelungen
legte der Regierung des gemeinsamen Finanzministeriums zu Wien unter
Herrn von Kallay in den neunziger Iahren den Gedanken einer Koloni-
sation im Großen nahe. Man wollte damit nicht nur die Steuerkraft
des Landes heben und wohl auch den Stamm der loyalen Einwohner
mehren, man wollte auch den Einheimischen wirtschastliche Lehrmeister
beschasfen — kannten sie doch noch nicht einmal den Wert des Düngers
und bezahlten sie dem, der ihnen den Dung wegsuhr. Agenten wurden
entsandt, Anzeigen in die Zeitungen gesetzt und zur Kolonisation ausge-
fordert. Iedem Ansiedler wurden etwa s0 Hektar Rodland angeboten,
die nach Erfüllung bestimmter Bedingungen in sO Iahren sein Ligentum
werden sollten. Außerdem wurden den Kolonisten Schulen ihrer Sprache
und Kirchen ihres Glaubens versprochen, auch wurde dafür gesorgt, daß
jedes Dors konfessionell und sprachlich geschlossen sei.

So wurden magyarische, polnische, italienische, ruthenische und dann
vor allem und am zahlreichsten auch deutsche Kolonien angelegt. Letztere
waren mit Ausnahme von dreien alle evangelisch. Die Ansiedler kamen
aus Ungarn, Slavonien und Galizien, wo sie die teuren Bodenpreise ver-
trieben, oder aus Südrußland, wo sie die Unterdrückung ihres Glaubens
und ihrer Sprache zum Wandern zwang. Fast durchweg waren sie ebenso

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