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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

DOI Heft:
Heft 13 (1. Aprilheft 1916)
DOI Artikel:
Dehler, W. J.: Deutsche Kolonisation in Bosnien
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0034

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Krieges auf (2^0 000 Kr. Während die serbischen Raisfeisenkassen zu-
sammengebrochen sind durch den Krieg, konnten allein für die zweite
österreichische und ungarische Kriegsanleihe über 80 000 Kr. durch den
jnngen Verband gezeichnet werden. Dabei waren wir in der Lage, den
Zinsfuß beständig herabzusetzen, besonders infolge der (Linlagen der katho--
lischen freien Siedelungen.

Seit anderthalb Iahren besteht außerdem eine Landgesellschaft, die
sich den Ankanf und die Besiedelnng von großen Türkengründen zur Aus-
gabe gemacht hat, und die mit österreichischem, deutschem und besonders
schweizerischem Kapital arbeitet. Sie hat bereits zwei große Güter er--
worben, von denen sie das eine schon sast zur Hälfte an Kleinbauern ver--
kauft hat. Es liegt an einer Bahnstation und Landstraße und wurde zu
nicht ganz 3 Pfg. für den Quadratmeter abgegeben. Auf einem zweiten
haben wir unter der Leitung unsres landwirtschastlichen Mitarbeiters eine
Zwischenwirtschaft errichtet. Trotz des Krieges, der diesen ebenso wie
Dr. jur. Oehler und andere Mitarbeiter an die Front rief, sind sämtliche
Unternehmungen ungefährdet geblieben.

Und die Zukunft? Wir glauben, wir haben die schlimmste Zeit hinter
uns. Die Dienste, die die Kolonisten in diesem Kriege der Regierung und
der Armee geleistet haben, sind so augenfällige, daß auch unsere Feinde
und Hasser sie anerkennen müssen; die großen Pserde und das Mastvieh,
das Getreide und das Stroh, die schweren Wagen, die Kartoffeln, dre
Milch und die Butter, der Käse — all das kam zum großen Teil aus
den Kolonien und aus ihrer wirtschaftlich gesörderten Umgebung. Dabei
haben wir allein etwa 300 Mann Bürgerwehr und freiwillige Schutzkorps
gestellt, auf die man sich verlassen konnte wie auf keine sonst. Ietzt gab
man denen Gewehre, denen man sie sonst nicht einmal überließ, um sich
des Raubzeugs zu erwehren. Dazu war die Armee heilfroh an unsern
zwei-- und mehrsprachigen Leuten, die überall die geborenen Führer und
Unterossiziere waren und außerdem die begehrtesten Ofsiziersburschen. Wie
froh wären Armee und Städte gewesen, hätte es zehnmal mehr deutsche
Kolonieu gegeben! Die Teuerung wäre nicht halb so empfindlich geworden.

Man hört neuerdings in bosnischen Beamtenkreisen viel von Kolonisation
reden. Ganze Dörser sind an der Grenze expatriiert worden, weil die Ein--
wohner die Waffen gegen die eigene Wehrmacht gebrauchten. Ganze
Landstriche sind verödet. Dazu ist im Lande bei „europäischer" Bewirtschaf-
tung noch Raum für eine Million Bauern. Man zwinge den Linheimi-
schen zu intensiver Wirtschast; statt dem Kmeten (einer Art tzörigen) seitens
der Regierung Darlehen zum Loskauf vom türkischen Grundherrn zu geben,
Darlehen, deren Zinsen er nicht einmal zu zahlen beabsichtigt, die
ihn dem Proletariat entgegenführen müssen, gebe man ihm lieber zwei
Drittel seines viel zu großen, brachliegenden Hörigenlandes als sreies
Eigentum, verkaufe den arrondierten Rest an deutsche Kolonisten, be--
zahle mit dem Ertrag den türkischen Aga, und man hat mit einem
Streich die ganze wirtschaftliche Frage gelöst. Man hat
sreie, unverschuldete deutsche Bauern und besriedigte türkische Agas, man
hat neben jedem serbischen Dorf eine steuerkräftige, kaisertreue deutsche
Kolonie als wirtschastliche Lehrmeisterin. Man hat die ganze verwickelte
Kmetenablösungsfrage zu aller Frommen denkbar billig gelöst. Kolonisten
gibt es genug, zumal wenn man die nach dem Krieg sicher mit Macht ein--
setzende Amerikaauswanderung von Regierungs wegen einschränkt.

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