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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

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Heft 14 (2. Aprilheft 1916)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0103

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hundert, so werden wir erstaunen
über den großen Reichtum an For--
men (und Stilen) ost innerhalb des
gleichen Buches. Allmählich erst be-
ginnt für jeden Buchstaben eine
Form vorzuherrschen: die Vorliebe
für Ringelschwänzchen und Brezeln
überwuchert schon allmählich im
(6. Iahrhundert und zerstört viel-
fach das ursprünglich Wesentliche der
Formen. Allein bei den Zierbnch--
staben — also im Dienst der Schön--
heit und zur Hervorhebnng — wer--
den von Anfang an bis heute noch
die Formen sestgehalten, die sich von
diesem Schnörkelwerk frei zeigen oder

in den Schulen und den Schreibvor--
lagen der Folgezeit — Luther, Hans
Sachs, Fischart kennen sie nicht —
immer wieder aufs neue künstlich
belebt, aber im Gebrauch immer und
immer wieder verlassen worden.
Man sehe sich einmal in Könneckes
Bilderatlas die Handschriften nnse--
rer Dichter darauf an! Die Ringel-
chen — früher ausgefüllt als kleine
Scheibchen, dann erst innen leere
Ringe — sind ohne Rücksicht auf
ihre Verwendbarkeit bei schneller
Alltagsschrift eben nnr für die Schule
und für den Schriststecher geformt.
Das ist ihr Flnch und das besiegelt



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Das A in Schriften des 15. und t6. Iahrhunderts

3 aus dem ältesten deutschen Druck. — 6 Luthers tzandschrift

andere Verschnörkelnng einführen.
Trotzdem sie meist der Antiqua noch
nahe stehen (vgl. R 6 8), sind sie
als ebensogut deutsch empfunden
worden wie die Alltagssraktur. Ich
gebe in einer Reihe photographischer
Nachbildungen Formen des A, alle
aus deutschen Büchern um (500 (nur
Rr. 6 stammt aus einer Handschrist
Luthers); Nr. 5 ist dem ältesten
deutsch gedruckten Buch entnommen.
Welche Form ist nun die deutsche?
Die unschönste, spießbürgerliche
Nr. Oder sind sie alle deutsch?

Die Schreibschrift des (6. Iahr-
hunderts und auch vielfach die spä-
tere, hat meist europäische Formen,
vergleiche Luthers A. Die Ringel-
schwänzchen unserer a, g, r sind wohl

ihr Schicksal! Die Schrift, welche
die Kinder in der Schule erlernten,
gaben die Männer und Frauen im
praktischen Leben wieder auf. Lrst
wenn unsere Schule ein Schrift lehrt,
die ein Deutscher der vielschreibenden
Gegenwart wirklich beibehalten
kann, wird man von einer guten
deutschen Schrift reden dürfen. smj
O. Brenner

Jur Jukunft Polens

liegen wiedek zwei Schriften vor,
die in mehr als einer Hinsicht aus
allgemeine Teilnahme rechnen dür-
fen. Professor M. Kranz („Neu-
Polen^, (00 S., I. F. Lehmann,
München) erörtert mit großer Klar-
heit vor allem die Lntwicklung der

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