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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

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Heft 16 (2. Maiheft 1916)
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Amerika
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0171

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führung überhaupt? Können wir zur lichtesten Aufhellung über diese Dinge
noch irgend etwas Weiteres tun, so müssen wir das. Ton und Inhalt
der amerikanischen Note klingen uns unverschamt, wir wünschen unsrer
Regierung zur Antwort den würdigen Ton, aber wenn Herr Wilson und
die Seinen Amerikaner sind, so sind sie doch nicht die Amerikaner: wo
bis zum Versiegen der wirtschastlichen und bis zum Verbluten der völkischen
Kraft unübersehbare Folgen in Frage stehn, dars man, und in diesem Falle
muß man die Frage nach Beleidigung oder Nichtbeleidigung durch ein paar
Leute mit einer kräftigen Bewegung von den Karten und Dokumenten weg
untern Tisch räumen. Was zu lesen steht, wo die Tatsachen verzeichnet
sind, das brauchen wir für geschichtliche Lntschlüsse. Wenn die Fragen
um die Sussex Herum in Wahrheit auch lange nicht die schwersten sind,
so liegen sie doch leider als Zuwagen aus der großen Schale und entscheiden
vielleicht über ihr Steigen oder Sinken. Ie rückhaltloser unsre Regie-
rung die Tatsachen klärt, ohne jede Vormacherei, wenn Irrtümer geschehen
sind, auch mit dem Eingeständnis etwaiger Versehen, und salls Nnbotmäßig--
keiten geschehen sind, mit hartem Lingreifen gegen die Aubotmätzigen,
um so gewisser wird sie der deutschen Ehre sowohl, wie den deutschen Inter-
essen derberer Art für Gegenwart und für Zukunft dienen.

T

^larheit brauchen wir auch über die Tatsachen, von welcher Wilsons Note
^>n i ch t spricht. Klarheit über den Geist, der als sehr reale Kraft in den
Vereinigten Staaten herrscht.

Wer von uns wahrend des Krieges amerikanische Blätter gelesen hat,
wird immer wieder erstaunt sein über den Mangel an Blick für das, was
uns bewegt. Lassen wir zunächst beiseite, was aus prositlicher oder deutsch-
feindlicher Agitation da hineingetrieben ist, suchen wir den Amerikanergeist
zunächst zu begreisen, wie er sich aus seinen eigenen Bedingungen ent-
wickelt hat.

Da sind erstens die g eo gr ap h isch en. Das Land der Vereinigten
Staaten ist nicht nur ein ungeheuer grotzes, sondern auch ein wirtschastlich
abgerundetes Gebiet, es hat alles nur irgendwie Wesentliche, das es an
Rohstoffen braucht, selber, es besriedigt somit die Nachfragen seiner Pro-
duktion aus sich, und kann seinen Fertigprodukten schließlich im eigenen
Gebiet soviel Absatz verschasfen, datz es gut auskommt. Schon deshalb
wird das Pazifistsein leicht. And nun tritt der alte Menschenzug hervor,
daß man sich als Verdienst anrechnet, was Glück ist, wie der reich Geborene
sich im Grund seines Herzens so oft für etwas Besseres als den Armen hält.
Man selber braucht wirtschastlich nie um das Notwendige zu kämpsen
und ist auf seinem Weltteil unbedroht: also verachtet man den „Militaris-
mus", weiß überhaupt nicht aus eigner Geschichte, was ein Angegriffen-
werden ist, versteht Krieg nur als Krieg um Neuerwerbung von Macht
und Geld. Von der Hemmung der sich dehnenden Kräste, von der Enge
des Eingezwängtseins, von der Not des Abgeschnittenseins kann man sich
kaum eine Vorstellung machen. Man hat das ja nie erfahren.

Zweitens: die politischen Bedingungen Amerikas. Sie entwickelten
sich aus den geographischen mit. Bewegte Autzenpolitik hat Amerika bei

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