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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

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Heft 16 (2. Maiheft 1916)
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Amerika
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Nidden, Ezard: Zehn Jahre nach Ibsens Tod
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0174

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neue verhindertet. Nun steht es so: Lngland und die seine GeschLste be-
sorgen, wollen Deutschland aushungern, und dagegen wehrt sich's. Ob ein
Handelsdampfer bewassnet ist, ob er unter richtiger Flagge fährt, darüber
sind Irrtümer möglich. Irrtümer können also geschehn. Sind Fälle strittig,
warum bildet ihr nicht mit uns zusammen Schiedsgerichte aus Neutralen,
da doch in einem Streit zwischen euch und uns ihr sowohl Partei seid
wie wir? Weiter: wollt ihr den Unterseekrieg nicht, so könnt ihr's er-
reichen, daß wir ihn aufgeben. Durch Drohungen gegen uns? Schwerlich!
Aber dadurch, daß ihr Lngland veranlaßt, den Aushungerungsplan und die
Tyrannisierung der Handels-Schiffahrt überhaupt aufzugeben, mit der es
nicht nur uns, sondern auch alle Neutralen bedrängt. Um den Preis
könnten auch wir verzichten, und durch euer Eingreifen wäre dann in der
Tat eine größere Menschlichkeit in der Kriegsührung wiederhergestellt. Ihr
habt es leicht: ihr braucht ja nur mit dem Einstellen eurer für England
unentbehrlichen Transporte zu drohen. Mit Ernst zu drohen, wenn
euch Menschlichkeit, Frieden, Freiheit und Wahrung der neutralen Inter-
essen das Endziel sind. Aber es kommt euch eben auch darauf an, daß
England siege: eure Worte und eure Gedanken lausen einander verquer.

SsrfLir reden heutzutage zu schnell bei unsern Feinden von „Ieuchelei". Cant
H'rst nicht dasselbe, wie klar bewußte Vorspiegelung sittlicher Gründe,
wo keine sind. Cant singt seine hohen Töne im Nebel. Cant stammt aus
der Nnreinlichkeit im Gehirn, wenn sich Denken und Wollen um irgend-
welcher Zwecke willen selber betrunken gemacht hat. Daß die amtliche Note
eines großen Volkes in solchem Maße den Cant benutzen kann, zeigt uns
wieder einmal, in wessen Hut der Sinn für Sachlichkeit jetzt steht, und ver-
pslichtet uns Deutsche erst recht dazu, uns selber vor dem Cant zu hüten.
Nur in vollkommener Nüchternheit können wir den Angriffen gewachsen
bleiben. Wozu unsre Kräste reichen, das kann jetzt niemand im Volke
sicherer beurteilen, als die Männer, die über sie am besten unterrichtet
sind, weil die Nachrichtenstellen ihnen am besten dienen. Auf sie müssen
wir uns verlassen. Vermeiden sie die Erweiterung des Krieges, so werden
wir dazu schweigen und verstehn. Vermeiden sie sie nicht, so werden wir
hoffen dürfen, auch dieses Neue noch siegend zu überwinden. sm^

Zehn Jahre nach Jbsens Tod

s ist einfach zu erklären, warum Ibsen heute so weit in den Hinter-
E grund getreten ist. Hat er seine stärkste Wirkung gegen Lnde des
Iahrhunderts gehabt, so wuchs inzwischen ein Geschlecht heran,
das so viel von dieser Wirkung bereits als Selbstverständlichkeit in sich
trägt wie das Geistesleben dieser Zeit davon aufzunehmen fähig war.
Für Tausende, und gerade für die, welche das ernste Theater besuchen,
sind Ibsensche Gedanken heute nicht mehr neu, sind sie schon verarbeitet,
schon innerlich erworben. Von seinem Denken in voller Breite und Tiefe
gilt das natürlich nicht — sonst wäre er nicht der Mann gewesen, für den ihn
heute alle halten. Aber Vvn so viel aus seinem Denken gilt es, wie etwa
von Tolstois, Nietzsches, Wagners Denken „Gemeingut" geworden sein mag.
 
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